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Female Leadership: Von wegen Quotenfrau

Laut statistischem Bundesamt war 2022 nur knapp jede dritte Führungskraft – 28,9 Prozent – in Deutschland weiblich. Dabei bieten Frauen enorme Potenziale für die Wirtschaft und das einzelne Unternehmen – nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels. Wir sprachen mit Natalia Czajecka, Vertriebsleitung, und Nina Urban, stellvertretende Leitung für Logistik und Fuhrpark, beide bei der Topregal GmbH. Sie zeigen uns, was starke Frauen in Führungspositionen bewirken können, welche Potenziale Diversität für Unternehmen bietet und wie sie dadurch zukunftsfähig werden. Und Last but not least geben beide euch Ratschläge, wie ihr als starke Frauen eure Ziele erreichen könnt.

Welche Vorteile ergeben sich eurer Meinung nach aus einer diversen Führungsebene?
Natalia: „Diverses Team – diverse Blickwinkel. So können Ideen, Probleme oder Fragestellungen von verschiedenen Seiten aus betrachtet und unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten effektiv kombiniert werde. Wir arbeiten zum Beispiel bei manchen Projekten interdisziplinär und abteilungsübergreifend zusammen. So entstehen kreative und innovative Lösungsansätze und am Ende auch bessere Ergebnisse. Diversität bezieht sich nicht ausschließlich auf die Geschlechterverhältnisse. Das Geschlecht sollte im Jahr 2024 eine untergeordnete Rolle spielen. Wesentlich wichtiger sind verschiedene Persönlichkeitstypen, Lebensläufe, Altersklassen oder kulturelle Hintergründe – sie bringen Facettenreichtum. Arbeitgeber schaffen sich so auch einen Attraktivitätsvorteil im Wettlauf um Fachkräfte.“

Klischees wird es immer geben. Das Klischee in meiner Branche ist über 50, männlich und hat mich anfangs gebeten, ob das Gespräch nicht besser von einem Mann geführt werden könne, weil der sich technisch besser auskenne.

Natalia Czajecka

Gibt es bestimmte Herausforderungen, die speziell auf Frauen zutreffen?
Nina: „Leider sind es nach wie vor – Vorurteile. Insbesondere in der Technik-, Automobil- und Industrie- oder Logistikbranche, die oft noch männerdominiert funktionieren. Es besteht Nachholbedarf bei der Selbstverständlichkeit: Zusammenarbeit auf Augenhöhe. In unserem Lager arbeiten fast nur Männer, die durchaus skeptisch waren, als ich ihre Vorgesetzte wurde. Ich habe jedoch von Beginn an gezeigt: Vergesst mein Geschlecht, vertraut auf meine Qualitäten. Das sind ausschlaggebende Skills. Und so sollten Frauen Herausforderungen, Klischees und Vorurteilen begegnen: selbstbewusst, mit Kompetenz und dem Ziel im Blick. Übrigens gilt das nicht nur für die Genderfrage, sondern auch fürs Daily Business insgesamt: Kompetenz vor Geschlecht – und Ziel vor Selbstdarstellung. Konkurrenzdenken nutzt maximal nur der eigenen Person und nicht dem Unternehmensziel. Solche Arbeitsatmosphären sollten Geschäftsführende dringend vermeiden.“
Natalia: „Klischees wird es immer geben. Aber man darf sich auf seinem Weg nicht davon kleinkriegen lassen. Das Klischee in meiner Branche ist über 50, männlich und hat mich anfangs gebeten, ob das Gespräch nicht besser von einem Mann geführt werden könne, weil der sich technisch besser auskenne. Aber wenn sich im Gespräch herausstellt, dass du eine kompetente Fachkraft bist, die über umfassende Kenntnisse verfügt und mit Fakten überzeugt, dann sind die Vorurteile verflogen.“

Ich glaube daran, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die einen Menschen für eine Führungsposition auszeichnen. Allein das Geschlecht gibt keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Person.

Nina Urban

Gibt es bestimmte Qualitäten, die Frauen in Führungspositionen, gerne als Female Leadership hervorgehoben, besonders auszeichnen?
Nina: „Ich glaube daran, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die einen Menschen für eine Führungsposition auszeichnen. Dazu gehören Feingefühl und Empathie sowie Weitsicht, Besonnenheit und Ruhe, aber auch Offenheit für Mitarbeitende und Gewissenhaftigkeit. Das klingt jetzt nach sehr femininen Eigenschaften. Und ich denke, dass Frauen in bestimmten Punkten anders vorgehen, als Männer es tun würden, und in dieser Hinsicht anders führen. Doch man sollte sich auch hier nicht von Klischees leiten lassen. Es gibt auch Männer, die sehr feinfühlig sind, und Frauen, die es nicht sind. Allein das Geschlecht gibt keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Person.“

Was können Unternehmen tun, um bei Einstellungen oder Beförderungen besser nach Potenzial auszuwählen?
Nina: „Schon im Vorstellungsgespräch eine ehrliche und aufgeschlossene Atmosphäre schaffen, damit Kandidatinnen und Kandidaten sie selbst sein und offen sprechen können. So erfahren beide Seiten am besten, ob es passt. Zwar haben Assessment Center auch ihre Berechtigung, doch mitunter ist ein Probearbeitstag aussagekräftiger. Und auch im Alltag und bei Beförderungen hängt viel davon ab, ob Personal- und Führungsebenen die Skills von Mitarbeitenden registrieren und passend einsetzen. Das ist die Vorbildfunktion einer guten Unternehmensführung und Unternehmen sind nur dann bereit für die Zukunft, wenn diese dort auch gelebt wird.“
Natalia: „Qualitäten zeigen sich nicht allein in Aussehen, Werdegang oder Hard Skills. Und namhafte Unis, Arbeitgeber oder Referenzen sind keine Garanten für ein gutes Mindset mit Commitment. Wer quer einsteigt, kann mit großem Engagement und Commitment das Unternehmen weiter bringen als jemand, der perfekt passt, sich aber auf seinen Skills ausruht. Viele ungenutzte Potenziale schlummern noch in den Schubladen, in die sie gesteckt wurden. Hier sollten Unternehmen genau hinschauen und mit progressivem, zukunftsorientiertem Management diese Potenziale fürs eigene Unternehmen nutzen.“

Desk Sharing

Desk Sharing bezieht sich auf die flexible Arbeitsplatzgestaltung, bei der Mitarbeiter keinen festen Schreibtisch mehr haben, sondern die Arbeitsplätze je nach Bedarf gemeinsam nutzen. Dieser Ansatz fördert die Ressourceneffizienz und Flexibilität in der Arbeitsumgebung. Weiterhin trägt es zur Anpassung von Bürostrukturen an die sich verändernden Anforderungen der Arbeit bei und ermöglicht eine dynamischere und kollaborativere Arbeitsweise.


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Getting Things Done

Getting Things Done (kurz: GTD) ist eine Produktivitätsmethode, die von David Allen entwickelt wurde und darauf abzielt, eine effiziente Organisation von Aufgaben und Projekten zu ermöglichen. GTD basiert auf dem Prinzip, alle Aufgaben aus dem Kopf zu nehmen und in externe Systeme zu übertragen, um Klarheit, Fokussierung und Handlungsfähigkeit zu fördern. Die GTD-Methode legt großen Wert auf die Erfassung, Kategorisierung und Priorisierung von Aufgaben. Sie schlägt vor, Aufgaben in „Next Actions“ (nächste konkrete Handlungsschritte), Projekte und Kontexte zu unterteilen. Zudem empfiehlt GTD die regelmäßige Überprüfung von Aufgabenlisten, um eine ständige Aktualisierung und Anpassung vorzunehmen.


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Drei Einblicke – ein Thema: Vertrauen

Drei Mitarbeiter gewähren einen Einblick in ihre Arbeit bei dem Automatisierungsspezialisten Weiss. Sie erzählen, was sie am Team und am Unternehmen schätzen.

„Do the right thing“

Wir sind im Gespräch mit Christopher Rheidt der Frage auf den Grund gegangen, wie IT-Beratungshäuser, die auch viel im Außendienst arbeiten, ihre Unternehmenskultur gestalten. Christopher Rheidt ist Geschäftsführer von TA Triumph Adler und zeigt uns, wie er die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt empfindet.

Wie wirkt sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt aus bei Ihnen aus? 
Zurzeit spüren wir noch kein Wachstumsdefizit durch den Fachkräftemangel. Das Risiko ist aber nicht von der Hand zu weisen. Punktuell stoßen wir als Mittelständler bereits heute schon auf Herausforderungen. Der globale IT-Fachkräftemangel ist ja kein Geheimnis. Grundsätzlich konkurrieren wir nicht nur innerhalb der Branche um die besten Fachkräfte, sondern mit internationalen Konzernen oder mittlerweile auch mit Behörden. Ein zusätzliches Thema sind sinkende Ausbildungszahlen, die bemerken wir zum Beispiel beim IT-Service im Außendienst schon länger. Wir beobachten die Lage am Arbeitsmarkt sehr genau und haben Strategien entwickelt, um darauf zu reagieren. So ergreifen wir beispielsweise Maßnahmen in den Bereichen Employer Branding und Marketing. Benefits und zeitgemäße Angebote für Mitarbeiter:innen spielen natürlich eine Rolle. Auch ein gutes Netzwerk hilft weiterhin. Zudem sind wir seit vielen Jahren sehr erfolgreich darin, durch duale Ausbildung oder duale Studiengänge eigene Fach- und Führungskräfte selbst zu entwickeln. Darüber hinaus fördern wir die Weiterbildung unserer Kolleg:innen. Insgesamt sehen wir uns also gut aufgestellt. Trotzdem gibt es weiter Potential, Dinge zu verbessern. So möchten wir zum Beispiel in unseren Teams noch diverser werden, was in der gesamten IT-Branche weiter eine Herausforderung ist. 

Was glauben Sie, wird sich die Situation aus Ihrer Sicht eher entspannen oder eher zuspitzen? 
Perspektivisch ist der Fachkräftemangel ein Wachstums- und Wettbewerbsnachteil für die gesamte Wirtschaft – und insbesondere für den Mittelstand. Besonders die demographische Entwicklung sorgt dafür, dass sich die Lage weiter zuspitzt. Das ist aber natürlich kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Denn es gibt ja Wege, dieser Tendenz entgegenzuwirken. Beispielsweise über die Möglichkeiten der Digitalisierung – Stichwort künstliche Intelligenz – oder auch über die Integration von internationalen Talenten. Insbesondere beim Thema der Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften sehe ich aber auch die Politik verstärkt gefragt, die Wirtschaft zielgerichteter zu unterstützen. Beispielsweise indem Genehmigungsverfahren beschleunigt oder bürokratische Hürden abgebaut werden. Darüber hinaus ist es, gerade in den aktuellen Zeiten, wichtig zu betonen: Wir brauchen eine offene und freie Gesellschaft. Wir stehen für Toleranz, Vielfalt und Teilhabe. Grundwerte, die für uns nicht verhandelbar sind. Für uns liegt der Fokus bei der Auswahl von neuen Kolleg:innen stets auf den Fähigkeiten. Ein Grund, warum wir uns als Arbeitgeber zum Beispiel auch über Bewerbungen von Kandidat:innen im Alter „60 plus“ sehr freuen. 

Kommen wir zu einem nicht nur für die junge Generation wichtigen Thema: Wie sorgen Sie gerade bei den Kolleg:innen im Außendienst für die richtige für Work-Life-Balance? 
Wir wollen Workflows in Unternehmen effizienter und digitaler machen. Hierfür suchen wir Menschen, die neugierig und ambitioniert sind, um mit uns diesen Wandel aktiv zu gestalten. Im Außendienst schauen wir zurzeit nach Talenten für die Beratung und den Vertrieb sowie verstärkt für den IT-Service. In unseren Gesprächen erleben wir hierbei schon eine veränderte Erwartungshaltung von Bewerber:innen. Bereits eine schnelle und gute „Candidate Journey“ ist entscheidend. Mobiles Arbeiten und digitale Tools werden seit Corona verstärkt nachgefragt. Themen wie die individuelle Flexibilität und persönliche Gestaltungsmöglichkeiten nehmen einen höheren Stellenwert ein, als noch vor ein paar Jahren. Ich nehme aber insgesamt auch ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis wahr. Um diese Themen zu adressieren, ist es unser Anspruch, genau zuzuhören und möglichst individuell auf die jeweiligen Kandidat:innen einzugehen. Es hört sich vielleicht etwas „basic“ an, aber wir wollen, dass unsere Kolleg:innen ihre Aufgaben gut und gerne machen – das ist der Grundstein für eine gesunde Work-Life-Balance. Positiv wahrgenommen wird auch, dass wir ein stabiles Unternehmen sind, mit langen Firmenzugehörigkeiten. Speziell auf den Vertrieb bezogen: Ein Vorteil ist hier natürlich, dass Arbeits- und Reisezeiten flexibel gestaltet werden können. Wir bieten aber generell bis zu 50 Prozent mobiles Arbeiten im Unternehmen an. Nicht zuletzt machen wir auch auf unsere Vorteile als mittelständisches Unternehmen aufmerksam: Entscheidungswege sind kürzer und der persönliche Impact auf das Unternehmen kann schnell spürbar werden – das ist für viele Bewerber:innen heute ein relevanter Punkt. 

„Do the right thing“, mache das richtige als Mensch, das will Christopher Rheidt als Leitlinie des eigenen Handelns und dem seiner Führungskräfte verstanden wissen.

Zuguterletzt: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Führungskräfte anders führen müssen. Sie müssen kooperativer, empathischer und in ihrem Selbstverständnis der Rolle des Enablers entsprechen. Wie setzen Sie das bei Ihnen um? 
Absolut, diese allgemeine Entwicklung spüren wir auch – und begrüßen sie. Als Tochter des japanischen Konzerns Kyocera ist der Punkt einer empathischen Führung ein fester Teil unserer Philosophie, nach der wir als Firma agieren wollen – aber auch unsere Führungskräfte im Einzelnen. „Do the right thing as a human being“ bildet den Kern dieser Unternehmenskultur. Damit diese Vorstellung auch konkret gelebt wird, erhalten unsere Führungskräfte regelmäßige Schulungen. Darüber hinaus machen wir diese Werte auch immer wieder über verschiedene Wege der Unternehmenskommunikation sichtbar. Letztendlich liegt es aber natürlich immer an den Menschen, das auch umzusetzen. Wobei wir wieder beim Fachkräftemangel sind: Trotz der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt eben die Personen zu finden und einzustellen, die nicht nur fachlich alles mitbringen, sondern auch zum Unternehmen passen, ist eine weitere Herausforderung bei der Personalauswahl. 


Zur Person:

Christopher Rheidt ist seit 2016 Geschäftsführer der TA Triumph-Adler GmbH. Seit mehr als zwanzig Jahren ist er als Führungskraft im operativen Sales- und Service-Bereich von international agierenden Unternehmen tätig und kennt die ITK-Branche seit 1986. Rheidt, Jahrgang 1968, hat umfassende Erfahrung in den Bereichen Unternehmensrestrukturierung und -transformation sowie Expertise beim Aufbau und Management von Teams in einem interkulturellen Umfeld. Die strategische Neupositionierung von Marken und Unternehmen gehört dabei zu seinen Kernkompetenzen. Christopher Rheidt lebt in Hamburg und hat eine Tochter. In seiner Freizeit ist er begeisterter Fan des FC St. Pauli und von Union Berlin. 

„Weg von veralteten Denkmustern“

New Work gibt es nicht nur in großen Unternehmen, sagt Silke Masurat. Auch der Mittelstand und kleinere Unternehmen können mithalten. Entscheidenden Anteil daran hat aus ihrer Sicht ein sich veränderndes Mindset und die Aufgabe von alten Denkmustern. Lange vor vielen anderen Institutionen und auch Unternehmen hat sie für ihr TOP JOB-Siegel belastbare Kriterien entwickelt, wie ein Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber wird – weit über das Gehalt und Benefits hinaus.

Frau Masurat, was war die Intention aus der heraus Sie damals das TOP JOB-Siegel, weit vor der aktuellen New Work Welle, ins Leben gerufen haben?
Großkonzerne und Branchenplatzhirsche machen es den kleineren schwer. Viele Bewerbende richten sich auf ihrer Arbeitssuche nach großen Brands, die prestigeträchtig erscheinen. Dass dem oft gar nicht so ist, wird ihnen erst nach Antreten des Jobs klar. Dazu wollte ich mit meiner Arbeit eine Orientierung geben und gleichzeitig für den Mittelstand werben, der damals noch ein arg verstaubtes Image hatte.
Ich bin ein großer Fan des Mittelstands: Es gibt so wunderbare Arbeitgeber unter ihnen, die genau das verkörpern und leben, was mir wichtig ist und was mich abholt. Unternehmen in dieser Größenordnung sind oft viel flexibler und moderner ausgerichtet, als viele annehmen. Einiges können sich selbst Konzerne beim Mittelstand abschauen! Gleichzeitig sah ich schon vor der Jahrtausendwende den Fachkräftemangel insbesondere von IT-Spezialisten am Horizont. Um Unternehmen, die eine hervorragende Arbeit leisten, den Rücken zu stärken, rief ich TOP JOB und später das Zentrum für Arbeitgeberattraktivität zeag ins Leben.

Welche Mission verfolgen Sie damit?
Grundsätzlich möchten wir mit zeag die Arbeitswelt verbessern und so einen wesentlichen Teil zur nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Der Anteil von TOP JOB hierfür liegt darin, in möglichst vielen Unternehmen eine gesunde, leistungsstarke sowie werteorientierte Arbeitsplatzkultur zu schaffen und die Arbeitgeber zukunftsfit zu machen. Mit dem Siegel zeigen wir dann, welche Arbeitgeber hinter der Idee stehen.
Teilweise bedeutet das natürlich auch Transformation: weg von veralteten Denkmustern, und hin zu New Work, offenen Ohren für Bedürfnisse von Mitarbeitenden sowie mehr Innovationskraft und Erfolg. Denn tatsächlich hängt all dies zusammen.
Viele Unternehmen wollen zu einem herausragenden Arbeitgeber werden, benötigen allerdings Unterstützung bei Planung und Umsetzung. Mit TOP JOB ermitteln wir zuerst den Status quo. Wir beleuchten wichtige Bereiche wie die Entwicklungschancen, die Vertrauenskultur, die Unterstützungskultur, die Qualität der Führung, das Diversitätsklima, die allgemeine Zufriedenheit, die ökologische Verantwortung und vieles mehr.


Den Ausgangspunkt für das Siegel stellt immer eine ausführliche Mitarbeiter-Befragung dar. Silke Masurat hat dafür gemeinsam mit der Universität Sankt Gallen einen wissenschaftlich fundierten Fragenkatalog erarbeitet.

Wie verbessert ein solches Vorgehen die Unternehmen?
Unternehmen müssen zuerst einmal wissen, woran es hapert, bevor sie sich bessern können. Eine Mitarbeiterbefragung durch alle Unternehmensschichten, vom C-Level bis zum Freelancer, gibt Einblick in die Firma und ihre Fallstricke. Diese schwächen die Company von innen heraus. Deshalb sollten Unternehmen auch keine Angst vor schlechten Ergebnissen haben – sie dienen lediglich als Ansatzpunkt, um eine verbesserte Version des Unternehmens zu schaffen. Am Ende soll die Arbeitsplatzkultur gestärkt oder auch modernisiert werden und selbstverständlich das Unternehmen selbst von seinen Bemühungen, Spitzenarbeitgeber zu sein, profitieren.
Neben Auswertungen für teilnehmende Firmen geben wir jährliche Studien zur Arbeitsplatzkultur heraus. So befähigen wir auch Unternehmen außerhalb des TOP JOB-Universums. Die Studien zeigen eindeutig, dass attraktive Arbeitgeber nicht nur wesentlich schneller und nachhaltiger an qualifizierte Arbeitsuchende gelangen, sondern durch motiviertere Mitarbeitende und effizientere Arbeitsweisen einen wirtschaftlich größeren Erfolg verbuchen.

Was sind Ihre Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist die regelrechte Siegelschwemme, mit der wir es seit einigen Jahren zu tun haben. Mittlerweile bräuchten wir ein Siegel für Arbeitgebersiegel. Viele der Anbieter nehmen keine oder kaum eine Unternehmensanalyse vor. Das macht ihre Produkte zu nichts weiter als eine Plakette ohne Inhalt – auch für die Bewerbenden. Somit ist das Produkt Arbeitgebersiegel, als ein für alle sehr hilfreicher Wegweiser, entwertet.
Wenn nun jede Firma mit einem anderen Siegel wirbt: Wie sollen Arbeitsuchende dann zwischen tatsächlich guten Arbeitgebern und denen, die es vorgeben zu sein, unterscheiden? TOP JOB ist dagegen ein ganzheitliches Programm. Unser tägliches To-do ist, CEOs und Führungspersonen die Vorteile eines wirklichen Wandels für alle Beteiligten zu verdeutlichen.

Welche Rolle spielt die Kooperation mit der Uni St. Gallen in diesem Kontext?
Gemeinsam mit der Universität haben wir die Analyse für TOP JOB entwickelt – das heißt die Mitarbeitendenbefragung und die Analyse der HR-Arbeit. So arbeiten wir wissenschaftlich fundiert. Prof. Dr. Heike Bruch zeichnet mit ihrem Team zudem verantwortlich für die Auswertung der Daten. Die institutionelle Trennung von Auswertung und Organisation garantiert eine unabhängige und transparente Vergabe des Siegels. Zudem erarbeiten wir gemeinsam unsere jährlichen Studien, die jedes Jahr aufs Neue spannende Ergebnisse in Bezug auf aktuelle Trends und Ereignisse zeigen.

Über die Jahre betrachtet: Wie hat sich die Arbeitswelt aus Ihrer Sicht verändert und was hat Ihr Siegel bei Ihren Mandanten dazu beigetragen?
Dass ein Fachkräftemangel auf uns zukommt, kündigte sich schon zum Millennium an. Viel zu wenige Firmen waren aber darauf vorbereitet und wogen sich in der Sicherheit, die Oberhand im Einstellungsprozess zu haben und zu halten. Dass sich mit zunehmendem Mangel an gut ausgebildeten Bewerbenden die Macht verschiebt, war ihnen nicht bewusst. Vor ein paar Jahren erreichten wir den Breaking Point und nun können Jobsuchende mit Qualifikation zwischen vielen Stellen wählen. Jetzt müssen sich die Unternehmen strecken und um Bewerbende buhlen.
Diese Entwicklung ist für uns natürlich äußerst wichtig. Durch die Kooperation mit der Uni und unsere ständigen Aktualisierungen der Unternehmensbewertung bringen wir immer aktuelle Trends und zukünftigen Herausforderungen in die Analyse ein. Beispielsweise integrierten wir New Work schon weit vor der Pandemie in den Entwicklungsteil. So machen wir die Arbeitgeber zu Arbeitgebern der Zukunft und damit zu empfehlenswerten Partnern auf dem Berufsweg.


Silke Masurat, TOP JOB-Schirmherr Sigmar Gabriel und Moderatorin Corinna Wohlfeil (v.l.n.r.) auf der Gala zur Preisverleihung.

Who is: Silke Masurat

Silke Masurat ist Gründerin und Geschäftsführerin der zeag GmbH, dem Zentrum für Arbeitgeberattraktivität, mit Sitz in Konstanz. Dort fördert sie im Rahmen des TOP JOB-Programms die Arbeitsplatzkultur und Nachhaltigkeit von Unternehmen inklusive regelmäßig erscheinender Studien zur deutschen Arbeitskultur. Masurats Leidenschaft für den Mittelstand zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben: Eine langjährige Tätigkeit als PR-Managerin und Prokuristin mündet in der Funktion der geschäftsführenden Gesellschafterin für die compamedia GmbH. Ihr Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften absolviert Silke Masurat an der Universität Konstanz. Daran knüpft sie eine Weiterbildung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit an. 

Silke Masurat auf LinkedIn
Mehr zur zeag GmbH unter: www.topjob.de

„Team anywhere“

Bei Atlassian arbeiten mittlerweile rund 11.000 Menschen so remote und flexibel wie nur möglich. Für das Unternehmen ist es eine Mindset-Frage. Es geht darum, Arbeitsweisen und Prozesse so aufzustellen, dass sie unabhängig vom Standort funktionieren. Da genau das Teil der Dienstleistung ist, hat man sich auch um einen wissenschaftlichen Unterbau gekümmert.

Annie, es gibt so viele unterschiedliche Namen für in der Substanz das eine: Freiheit, zu entscheiden, wo ich meine Arbeit erledigen möchte. Wie erleben Sie den Alltag im „Team Anywhere“?
Durch „Team Anywhere“ muss ich mein Leben nicht mehr um meine Arbeit herum planen, sondern habe wirklich eine Work-Life-Balance. Und ich weiß, dass es den meisten – wenn nicht sogar allen – meiner Kollegen genauso geht. Wir können jeden Tag dort arbeiten, wo es für uns am besten ist, ob zu Hause, im Büro oder ganz woanders. Das hat Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen: Wir sind in der Lage, Mitarbeitende an viel mehr Orten einzustellen, als nur in einem gewissen Radius rund um unsere Büros. Dadurch ist unsere Belegschaft deutlich vielfältiger geworden & wir konnten in ganz neuen Gegenden wachsen. Schauen wir einmal nach Europa: Mehr als die Hälfte der Neueinstellungen in der EMEA-Region im Finanzjahr 2023 wohnen mehr als zwei Stunden von einem Büro entfernt. Allein in Deutschland ist die Zahl unserer Mitarbeitenden in den letzten drei Jahren, also seit dem Start von “Team Anywhere”, um das Achtfache gestiegen. Ich sehe jeden Tag, dass es funktioniert, dass unsere Mitarbeitenden diese Flexibilität schätzen – für 91 Prozent ist sie ein entscheidender Grund, bei Atlassian zu bleiben – und dass wir weiterhin sehr gute Geschäftsergebnisse erzielen.
Für mich persönlich hat diese Flexibilität rund um die Arbeit mein Leben völlig verändert und es wertvoller gemacht – und das macht mich zum Beispiel auch zu einem besseren Elternteil und einem besseren Mitglied der Gesellschaft.

Nun muss man wissen, dass Atlassian zutiefst „digitale Wurzeln“ hat. Doch anders als andere „Big Tech“-Unternehmen bleiben Sie bei maximaler Flexibilität. Was meinen Sie, woher kommt die „Back to Office“-Welle speziell in dieser Branche? Ist das auch ein Thema der Führungskultur?
Wir haben uns 2020 ganz bewusst entschieden, „Team Anywhere“ einzuführen, um unseren Mitarbeitenden größtmögliche Freiheit und Flexibilität zu ermöglichen und gleichzeitig die Chancen und Herausforderungen der digitalen Zusammenarbeit besser zu verstehen. Schließlich ist das der Kern unseres Geschäfts. Dementsprechend gehen wir Remote Work anders an als Unternehmen, die nur aufgrund von Lockdowns dazu gezwungen waren. Wir haben ein ganzes Team aus Verhaltenswissenschaftlern, die Lösungen für das Arbeiten in geografisch verteilten Teams entwickeln und testen. Sprich, wir arbeiten evidenzbasiert und haben klare Regeln, Strukturen und Ziele.
Nicht alle Unternehmen – ob in der Technologiebranche oder anderswo – haben sich für diesen Weg entschieden. Die meisten Unternehmen führen inzwischen Modelle ein, bei denen die Mitarbeitenden die Hälfte der Zeit im Büro sind, anstatt bisherige Konzepte und Arbeitsweisen zu hinterfragen und neu und besser aufzubauen. Führungskräfte in solchen Unternehmen gehen davon aus, dass ihre Unternehmen nicht für die Arbeit in geografisch verteilten Teams optimiert werden müssen, weil die Mitarbeitenden ja teilweise im Büro sind. Aber man kann nicht einfach Arbeitsweisen vom Büro auf eine virtuelle Welt übertragen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Remote Work – über verschiedene Standorte, das Büro oder das Homeoffice hinweg – ein gutes neues Modell ist. Es führt meiner Meinung nach nicht nur zu effektiveren und widerstandsfähigeren Unternehmen, sondern hat schlussendlich auch positive Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt. Im Moment liegt der Fokus der Diskussion oft zu sehr darauf, was wir durch die Abkehr von den Büros verlieren könnten und zu wenig auf den Vorteilen.
In meinen Augen tun sich Unternehmen allerdings keinen Gefallen damit. Und ja, für mich ist das auch eine Frage der Führungskultur. Wir bei Atlassian leben „Team Anywhere“ auf jeder Ebene – angefangen bei unseren Co-CEOs und Co-Gründern –, investieren in den Erfolg dieses Konzepts und arbeiten ständig daran, es zu verbessern.

Arbeitskultur ändert sich, Werte sollten gleich bleiben. Wir sollten dafür sorgen, dass Arbeit unabhängig vom Ort wird.

Annie Dean

Wenn Sie nun auf Ihren Report schauen und die Learnings von Atlassian aus den letzten Monaten, welche Empfehlungen geben Sie Unternehmen?
In erster Linie sich nicht an der Vergangenheit festzuhalten, sondern für die Zukunft zu planen. Laut einer Umfrage, die wir unter den Fortune-500-Führungskräften durchgeführt haben, erwarten 99 Prozent der Befragten, dass die Arbeit künftig noch stärker verteilt sein wird und 98 Prozent sind sich einig, dass nicht der Ort, an dem die Teams arbeiten, das Problem ist, sondern wie sie arbeiten. Allein aufgrund des Fachkräftemangels wird es für Unternehmen immer schwieriger werden, qualifiziertes Personal in der Nähe ihrer Büros zu finden. Zudem erwarten Beschäftigte heute von ihren Arbeitgebern Flexibilität – wer die nicht bieten kann, hat zusätzlich schlechtere Karten bei Bewerbern.
Der Arbeitsalltag findet zunehmend online und über virtuelle Plattformen statt. Deshalb sollte sich jedes Unternehmen darauf konzentrieren, wie Arbeit erledigt wird, und sich nicht damit aufhalten, wo sie stattfindet. Diese Entwicklung schreitet in rasantem Tempo voran. Tools wie ChatGPT zeigen beispielsweise nur einen ersten Ausblick, wie KI die Arbeits- und Geschäftswelt verändern wird. Gleichzeitig können sich viele Unternehmen noch immer nicht vorstellen, dass Menschen auch außerhalb eines Büros arbeiten können. Ich würde Führungskräfte dazu ermutigen, etwas weniger Angst und etwas mehr Fantasie zu haben. Vor allem, wenn es um eine solche Chance mit enormen Auswirkungen – für Beschäftigte wie Unternehmen – geht.

Bemerkenswert ist auch die Steigerung von 25 % Remote auf 40 % Remote. Welchen Impact hat das auf Ihre Unternehmenskultur?
Nicht den, den man vielleicht erwarten würde. Dass die Unternehmenskultur unter Remote Work leide, ist ja auch einer der Gründe, der für die Rückkehr ins Büro angegeben wird. Das stellen wir bei uns aber nicht fest. Es ist eher das Gegenteil der Fall – und das, obwohl wir seit 2020 von 3.000 auf über 10.000 Mitarbeitende gewachsen sind -, weil wir unsere Kultur nämlich viel bewusster gestalten und den Fokus auf Zusammenarbeit und Teamzusammenhalt legen.
Wir haben außerdem festgestellt, dass Teamtreffen das Zusammengehörigkeitsgefühl um 27 Prozent steigern und dieser Effekt vier bis fünf Monate anhält. Also versuchen wir, unsere Teams mindestens dreimal im Jahr zusammenzubringen. Das bringt uns viel mehr als eine Büropflicht.
Arbeitskultur ändert sich, Werte sollten gleich bleiben. Wir stellen sicher, dass sich Atlassian wie Atlassian anfühlt, egal wo jemand sitzt. Dazu gehören die Förderung produktiver Gespräche mit gegenseitigem Feedback – aber auch, dass wir Meetings der Führungskräfte aufzeichnen und teilen. Außerdem arbeiten wir daran, deutlich zu machen, welchen Beitrag einzelne Mitarbeitende für das große Ganze leisten.

Generation Z macht sich nun auf den Weg in den Arbeitsmarkt. Begleitet von allerhand Mythen und Vorurteilen. Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich heute raten?
Bleibe neugierig und versuche, Dich auf die Dinge zu fokussieren, die dir am meisten am Herzen liegen.” Ich war bei der Verwirklichung meiner beruflichen Ziele immer dann am erfolgreichsten, wenn ich an den Dingen gearbeitet habe, die sich für mich authentisch anfühlten. Die Leidenschaft für das was einen wirklich interessiert, ermöglicht es, Chancen zu ergreifen, von denen man vorher nicht einmal wusste, dass sie existieren.


Über Annie Dean


Annie Dean ist als Global Head of Team Anywhere bei Atlassian verantwortlich dafür, dass mehr als 11.000 Mitarbeiter so flexibel wie möglich arbeiten können. Sie leitet neben Atlassians Real Estate und Workpalce Experience Teams auch das Team Anywhere Lab, eine engagierte Gruppe von Verhaltenswissenschaftlern, die sich auf die Entwicklung und Validierung evidenzbasierter Arbeitsweisen konzentriert. Zuvor war Annie Dean als Director of Remote Work bei Meta tätig, wo sie ein Portfolio von Strategien für die Zukunft der Arbeit entwickelt und implementiert hat. Die New York Times, das Wall Street Journal und die Fast Company, würdigten bereits Annie Deans Expertise in flexiblem Arbeiten und Remote Work.


Bildquelle / Lizenz Aufmacher: Foto von Chris Curry auf Unsplash

Die Unternehmenskultur entscheidet

Wie verändern sich Wahrnehmungen in der Arbeitswelt? Dazu führt das IAB, das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, seit mehr als zehn Jahren regelmäßig Befragungen durch. Dabei entstehen spannende Ergebnisse im Detail. Wir sprachen mit Dr. Stefanie Wolter sowohl dazu als auch zu den sich abzeichnenden Trends am Arbeitsmarkt.


Frau Dr. Wolter, Sie führen bereits seit 2012 ein regelmäßiges Panel durch in Bezug auf die Arbeitswelt im Wandel. Welche Themenbereiche decken Sie ab?
Das Projekt untersucht wie sich die Arbeitswelt seit 2012 wandelt und deckt dazu eine breite Palette an Themen ab, die das Zusammenspiel von Betrieben und ihren Beschäftigten in den Fokus rücken. Das reicht von klassischen Themen wie der Entlohnung, den Arbeitszeiten oder Weiterbildungen zu ganz aktuellen Themen wie flexiblem Arbeiten, dem Umgang mit neuen digitalen Technologien oder der Unternehmenskultur. Die Arbeitnehmer:innen fragen wir zudem auch nach ihrer Zufriedenheit mit dem Job, ihrer Wechselabsicht oder nach ihrem Engagement. Das ermöglicht einen sehr umfangreichen Blick darauf wie sich einerseits betriebliche Maßnahmen mit der Zeit geändert haben und andererseits auch wie sich Einstellungen und Wahrnehmungen von Beschäftigten unterscheiden und ändern.

Dabei beziehen Sie immer auch die beiden Perspektiven Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen mit ein. Was sind die aus Ihrer Sicht bemerkenswerten Ergebnisse?
Bei den meisten Themen stimmen die Arbeitgeber:innen und die Arbeitnehmer:innen Perspektive überein. Gibt ein Betrieb beispielsweise an, Mitarbeitergespräche durchzuführen, so sagen Beschäftigte auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass sie eins bekommen haben. Es lohnt sich aber dort genauer hinzuschauen: So gibt es gar nicht so selten den Fall, dass bestimmte Maßnahmen von Führungskräften eigenverantwortlich durchgeführt werden. Beispielsweise erhielt jeder fünfte Beschäftigte ein Feedbackgespräch in Betrieben die gar keine Mitarbeitergespräche führen. Es werden also flexibel Lösungen gefunden ohne das es dafür betriebliche Strategien gibt. Das gleiche gilt aber natürlich auch in die andere Richtung, d.h. obwohl es Unternehmensstrategien gibt, werden sie nicht überall gelebt.

Prof. Dr. Stefanie Wolter sieht noch nie dagewesene Chancen für junge Menschen die jetzt in den Arbeitsmarkt einsteigen – bei gleichzeitig hohen Erwartungen an die Flexibilität.

Gerade jetzt ist der Wandel in der Arbeitswelt spürbarer als noch zuvor: Nachwirkungen der Pandemie, Fachkräftemangel, globale Unsicherheit und technologischer Wandel… Welche Empfehlungen geben Sie Fach- und Führungskräften?
Viele Fachkräfte sind sich mittlerweile ihrer Stellung als knappe Ressource bewusst. Sie können selbstbewusst auftreten und Forderungen durchsetzen, die vor vielen Jahren vielleicht noch undenkbar waren. Wenn man dabei mobil ist, ist das als Fachkraft natürlich nochmal besser. Durch die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, die viele Berufe bieten, kann es auch attraktiv sein sich nach Arbeitgeber:innen umzuschauen, die nicht gleich vor der Haustür zu finden sind. Für Arbeitgeber:innen bedeutet dies natürlich, dass sie etwas bieten müssen, um attraktiv zu sein. Das muss nicht unbedingt das beste Gehalt sein, sondern Betriebe können auch mit anderen Angeboten punkten. Führungskräften kommt dabei eine zentrale Funktion zu. Erleben Arbeitnehmer:innen ihre direkten Vorgesetzten als unterstützend und fördernd, beurteilen sie auch andere Aspekte ihres Arbeitsumfelds positiver. Unsere Studie zeigt, dass Mitarbeiter:innen, die die oder den Vorgesetzten als gerecht wahrnehmen auch zufriedener mit ihrer Arbeit sind. Es gilt also eine Kultur im Unternehmen zu schaffen, in der sich Beschäftigte und ihre Arbeit wertgeschätzt fühlen.

Und was würden Sie jungen Menschen raten, die jetzt in den Arbeitsmarkt eintreten?
Junge Menschen, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen, haben eine noch nie dagewesene Anzahl an Möglichkeiten sich beruflich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wird auch eine noch nie dagewesene Flexibilität erwartet. Das Ideal der Eltern- und Großelterngeneration von der Ausbildung bis zur Rente im gleichen Betrieb zu arbeiten und linear aufzusteigen, existiert nicht mehr. Der schnelle technologische Wandel erfordert, dass man ständig dazu lernt, eigene Fähigkeiten weiterentwickelt und beruflich flexibel bleibt. Von daher ist wahrscheinlich der wichtigste Rat die eigenen Fähigkeiten als wichtigste Ressource zu achten und sich nicht zu stark auf die formale Qualifikation zu verlassen.

Wo wir schon dabei sind: Die Generation Z wird ja von allerlei Attributen begleitet. Welche Werte, welche Rückschlüsse auf die Generation erlauben Ihre Forschungsergebnisse? Wie anders tickt diese Generation wirklich?
Insgesamt ist die Bindung an den Arbeitgeber in den letzten Jahren in Deutschland zurückgegangen. Das trifft aber auf alle Beschäftigten zu. Corona hat diesen Trend gestoppt. Es bleibt spannend zu sehen, ob das nur vorübergehend war oder eine echte Trendumkehr. Leider haben wir dazu noch keine Daten.


Erstaunlicherweise hat die Corona Pandemie für eine höhere Bindung der Mitarbeitenden an den Arbeitsplatz bewirkt. Ob das vielerorts betriebene Homeoffice da einen Effekt hat, werden neuere Daten zeigen. Ebenso, ob es den Arbeitgebenden gelungen ist, den Trend fortzuschreiben.

Über die Gen Z wird unter anderem gesagt, dass sie „Quiet Quitting“ betreibt und weniger arbeiten will, Stichwort 4-Tage-Woche. Die eigene Work-Life-Balance ist stärker in den Fokus gerückt. Verglichen mit Generationen vor ihnen kommt die Gen Z auf einen Arbeitsmarkt, der von sehr niedriger Arbeitslosigkeit und einer sehr großen Nachfrage nach Fachkräften geprägt ist. Zusammen mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel ist es verständlich, dass sich Prioritäten verschoben haben. Setzt die Gen Z ihre Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen durch, kommt das dann ja auch anderen Generationen zu Gute. Die Daten bestätigen das Bild von der faulen Gen Z übrigens nicht. Der Trend hin zu einer niedrigeren gewünschten Arbeitszeit ist nichts spezifisches der jungen Generation sondern findet sich auch bei älteren Beschäftigten. Bei den unter 26-Jährigen ist die gewünschte Arbeitszeit bis zur Pandemie sogar recht stabil (Wanger, Susanne & Enzo Weber (2023): Arbeitszeit: Trends, Wunsch und Wirklichkeit. (IAB-Forschungsbericht 16/2023), Nürnberg, 43 S). Auch der Quiet-Quitting-Trend lässt sich in den Daten nicht bestätigen.

Erleben Arbeitnehmer:innen ihre direkten Vorgesetzten als unterstützend und fördernd, beurteilen sie auch andere Aspekte ihres Arbeitsumfelds positiver. Unsere Studie zeigt, dass Mitarbeiter:innen, die die oder den Vorgesetzten als gerecht wahrnehmen auch zufriedener mit ihrer Arbeit sind. Es gilt also eine Kultur im Unternehmen zu schaffen, in der sich Beschäftigte und ihre Arbeit wertgeschätzt fühlen.

Prof. Dr. Stefanie Wolter

Wie können, ja müssen sich Unternehmen aufstellen, um diesem gerecht zu werden?
Für Unternehmen ist es wichtig der jungen Generation offen gegenüberzutreten und sie als Chance zu begreifen. Sie bringen neue Impulse ein und bewegen sich selbstverständlich in einem digitalen Umfeld. Von diesen Fähigkeiten können Unternehmen profitieren. Es geht aber nicht nur darum sich für die Gen Z aufzustellen. Für Unternehmen ist es eine Herausforderung ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass der Vielfalt der Belegschaft in vielen Dimensionen gerecht wird. Zum Teil arbeiten drei Generationen, Mitarbeiter:Innen mit unterschiedlichen kulturellen, mit unterschiedlichen Geschlecht und mit und ohne Behinderung zusammen. Unternehmen sollten sich daher flexibel zeigen und nach individuellen Lösungen suchen und diese Diversität als Chance begreifen.


Unsere Interviewpartnerin

Dr. Stefanie Wolter studierte European Studies an der Technischen Universität Chemnitz und Internationale Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg. Im Mai 2019 schloss sie ihre Promotion an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg zu „Factors of Firm Success: Management Practices, Workforce Composition and Ownership” ab. Sie ist seit Juli 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsdatenzentrum der BA im IAB. Außerdem leitet Frau Wolter das BMAS-geförderte Projekt „Arbeitsqualität und wirtschaftlicher Erfolg“, das Zusammenhänge zwischen betrieblicher Personalpolitik und wie Beschäftigte ihre Arbeit wahrnehmen, erforscht.


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Sunday Scaries

Der Begriff „Sunday Scaries“ bezieht sich auf ein weit verbreitetes Phänomen, bei dem Menschen am Sonntagabend zunehmende Sorgen und Angstgefühle in Bezug auf die bevorstehende Arbeitswoche erleben. Diese Gefühle können von Stress über den Gedanken an anstehende Aufgaben bis hin zu allgemeiner Unruhe reichen. Die „Sunday Scaries“ sind oft mit dem Wiederbeginn der Arbeitswoche verbunden und können verschiedene Ursachen haben, darunter die Antizipation von Arbeitsbelastung, die Rückkehr zu einem stressigen Arbeitsumfeld oder das Bedauern über nicht genutzte Wochenendzeit. Insbesondere in der modernen Arbeitskultur, die oft von hohem Arbeitsdruck und ständiger Erreichbarkeit geprägt ist, können die „Sunday Scaries“ auftreten.


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Bare Minimum Monday

Der Begriff Bare Minimum Monday bezieht sich auf die Idee, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Beginn der Arbeitswoche bewusst den Fokus auf das Wesentliche legen, um eine produktive und stressfreie Woche zu ermöglichen. Montags sollen demnach bewusst klare Prioritäten gesetzt und Schlüsselemente der Arbeit identifiziert werden um die eigene Energie effizienter einzusetzen. Ziel ist es, den Wochenstart zu entschleunigen und den Druck am Anfang der Woche zu reduzieren. Dies ermöglicht den Mitarbeitenden, mit einem klaren Kopf und einer positiven Einstellung in die Woche zu starten. Damit unterstreicht das Konzept die Bedeutung der Selbstfürsorge, indem es den Mitarbeitenden erlaubt, ihre Arbeitsbelastung zu managen und ihre mentale Gesundheit zu schützen.


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