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Führung für das hier und jetzt

Viele Menschen suchen nach Orientierung, denn sie nehmen die Veränderungen in der Arbeitswelt und um sich herum unbewusst wahr. Das gilt für neue Technologien und noch mehr für geopolitsche Umbrüche. Diese Orientierung gilt besonders für Unternehmen. Daher gerät das Thema „Führung“ aktuell zunehmend in den Fokus. Wir haben die Expertin Karin Lausch gefragt, welcher Führungsstil in diese Zeit passt. Und wie Du Dich geschickt verhalten kannst, wenn Deine Führungskraft nicht so agiert, wie Du es Dir wünschst.

Sie beschäftigen sich mit Führung und Führungsstilen. Woher kommt es eigentlich, dass dieses Thema aktuell so stark ist? 
Es sind angespannte Zeiten. Polykrisen, die steigende Komplexität unserer Arbeit und die exponentielle Entwicklung neuer Technologien bewegen uns als Gesellschaft und in unseren Jobs. Gerade jetzt brauchen wir wirksame Führung und gerade jetzt tut es besonders weh, wenn sie fehlt. Der intensive Diskurs zu Führung ist also nicht verwunderlich. Denn genau in solchen Zeiten müssen wir auch infrage stellen, was genau wirksame Führung in Zukunft eigentlich ist, und entwickeln sie weiter. Und das passiert gerade.

Wie kann ich als Berufseinsteiger schnell merken, mit welchem Typus Führung ich es zu tun habe? 
Wichtig ist vor allem zu wissen, dass es einen echten Typus eigentlich nicht gibt. Wenn wir von Führungsstilen sprechen, dann nur, weil wir versuchen das komplexe Verhalten von Menschen in Typologien zu pressen. Wir Menschen lieben es nun mal einfach. Aber Führung ist ein Konstrukt aus ganz unterschiedlichen Stilen und Einflüssen. Es sind verschiedene Zutaten, aus denen das Gericht „Führung“ entsteht, und die Kombination der Zutaten entscheidet darüber, ob es uns schmeckt.
Natürlich gibt es aber Möglichkeiten herauszufinden was der Führungskraft wichtig ist worauf sie wert legt und mit welchen Mitteln sie führt. Bevor wir uns aber als Küchenpsycholog:innen versuchen, empfehle ich dafür lieber ein offenes und direktes Gespräch mit der Führungskraft. Sprecht über eure Zusammenarbeit, eure Wünsche und darüber, wer ihr seid. Nimmt die Führungskraft sich Zeit? Ist sie an dir interessiert und stellt viele Fragen? Hört zu und will dich unterstützen? Dann sind wahrscheinlich Anteile von empathischer und dienender Führung vorhanden. Redet sie aber lieber über sich, äußert hauptsächlich Erwartungen an dich und macht klare Vorgaben? Dann ist sie vielleicht eher zahlengetrieben und hat gerne selbst alles unter Kontrolle. Das könnte ein Hinweis auf direktionale, patriarchalische oder auch transaktionale Führung sein. So lassen sich erste Tendenzen erkennen, die du allerdings auch immer wieder überprüfen solltest, um nicht in die Vourteilsfalle zu geraten.

Wie wichtig ist dabei mein Bauchgefühl?
Ein gutes Bauchgefühl, also deine Intuition ist unheimlich wichtig dabei, wenn es um Menschen geht. Deshalb ist es gut auf das eigene Bauchgefühl zu hören und zu reagieren, wenn du merkst, dass du mit der Art der Führung nicht gut klarkommst. Doch auch das beste Bauchgefühl ist nur dann wirklich etwas wert, wenn wir uns selbst immer wieder gut reflektieren. Wenn dein Bauch also grummelt, dann frage dich, ob das wirklich durch deine Führungskraft kommt, oder ob dir das schon öfter in ähnlichen Situationen passiert ist. Dann kann es mehr mit dir selbst zu tun haben und sich lohnen da mal hinzuschauen.


Karin Lausch ist anerkannte Führungsexpertin und berät Unternehmen seit Jahren, wie sie ihre Führung den Themen der Zeit anpassen können.

Mal angenommen, ich entdecke die Top-Stelle für mich. Alles passt, nur der Umgang mit meinem Chef ist… schwierig. Welche Möglichkeiten habe ich? 
Der erste Schritt ist auch hier erstmal der Dialog mit dir selbst. Warum ist der Umgang schwierig? Was ist es, was dich triggert? Hast du etwas ähnliches schon mal erlebt? Und es hilft auch ein Perspektivwechsel: Was ist das Gute am Verhalten deiner Führungskraft?
Wenn du dann immer noch findest, dass es so nicht geht, dann solltest du das Gespräch mit ihr suchen und offen und ehrlich teilen, was der Umgang in dir auslöst und was du dir wünschen würdest. Wichtig: Teile Ich-Botschaften und verzichte auf Du-Beschuldigungen. Haltet genau fest, was ihr euch vornehmt im Umgang miteinander anders zu machen und setzt euch ein Datum, an dem ihr das nächste Mal darüber sprecht und reflektiert, wie es läuft.

Wir sind in einer Phase, in der viele Transformationen in der Arbeitswelt mehr oder weniger gleichzeitig ablaufen – das Akronym VUCA ist fast zu schwach. Gibt es einen Führungsstil, der in diese Zeit passt?
Die stärkste Kombination für diese Zeit und damit auch die zukunftsfähigste, ist empathische, dienliche und transformationale Führung. Zusammengefasst: New Leadership. Transformational steht dabei für inspirierende, integere und als Vorbild agierende Führung. New Leadership fokussiert sich auf den Menschen, denn wenn es dem Menschen gut geht, wird er auch gute Leistung erbringen.


Unsere Expertin

Karin Lausch ist Leadership-Expertin und Executive Coach. Sie begleitet seit 13 Jahren Führungskräfte in ihrer Entwicklung und zu allen Fragen der Führung. Mit ihrer Arbeit und ihrer Reichweite setzt sich die Keynote Speakerin für New Work, Vertrauen und mehr Menschlichkeit im Arbeitsleben ein und unterstützt Teams in ihrer Entwicklung und Potenzialentfaltung. Am 17. Oktober 2023 erschien ihr Buch: „Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist“, beim Haufe-Verlag.


Bildquelle / Lizenz: Foto von Jonny Caspari auf Unsplash