Female Leadership: Von wegen Quotenfrau
Laut statistischem Bundesamt war 2022 nur knapp jede dritte Führungskraft – 28,9 Prozent – in Deutschland weiblich. Dabei bieten Frauen enorme Potenziale für die Wirtschaft und das einzelne Unternehmen – nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels. Wir sprachen mit Natalia Czajecka, Vertriebsleitung, und Nina Urban, stellvertretende Leitung für Logistik und Fuhrpark, beide bei der Topregal GmbH. Sie zeigen uns, was starke Frauen in Führungspositionen bewirken können, welche Potenziale Diversität für Unternehmen bietet und wie sie dadurch zukunftsfähig werden. Und Last but not least geben beide euch Ratschläge, wie ihr als starke Frauen eure Ziele erreichen könnt.
Welche Vorteile ergeben sich eurer Meinung nach aus einer diversen Führungsebene?
Natalia: „Diverses Team – diverse Blickwinkel. So können Ideen, Probleme oder Fragestellungen von verschiedenen Seiten aus betrachtet und unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten effektiv kombiniert werde. Wir arbeiten zum Beispiel bei manchen Projekten interdisziplinär und abteilungsübergreifend zusammen. So entstehen kreative und innovative Lösungsansätze und am Ende auch bessere Ergebnisse. Diversität bezieht sich nicht ausschließlich auf die Geschlechterverhältnisse. Das Geschlecht sollte im Jahr 2024 eine untergeordnete Rolle spielen. Wesentlich wichtiger sind verschiedene Persönlichkeitstypen, Lebensläufe, Altersklassen oder kulturelle Hintergründe – sie bringen Facettenreichtum. Arbeitgeber schaffen sich so auch einen Attraktivitätsvorteil im Wettlauf um Fachkräfte.“
Klischees wird es immer geben. Das Klischee in meiner Branche ist über 50, männlich und hat mich anfangs gebeten, ob das Gespräch nicht besser von einem Mann geführt werden könne, weil der sich technisch besser auskenne.
Natalia Czajecka
Gibt es bestimmte Herausforderungen, die speziell auf Frauen zutreffen?
Nina: „Leider sind es nach wie vor – Vorurteile. Insbesondere in der Technik-, Automobil- und Industrie- oder Logistikbranche, die oft noch männerdominiert funktionieren. Es besteht Nachholbedarf bei der Selbstverständlichkeit: Zusammenarbeit auf Augenhöhe. In unserem Lager arbeiten fast nur Männer, die durchaus skeptisch waren, als ich ihre Vorgesetzte wurde. Ich habe jedoch von Beginn an gezeigt: Vergesst mein Geschlecht, vertraut auf meine Qualitäten. Das sind ausschlaggebende Skills. Und so sollten Frauen Herausforderungen, Klischees und Vorurteilen begegnen: selbstbewusst, mit Kompetenz und dem Ziel im Blick. Übrigens gilt das nicht nur für die Genderfrage, sondern auch fürs Daily Business insgesamt: Kompetenz vor Geschlecht – und Ziel vor Selbstdarstellung. Konkurrenzdenken nutzt maximal nur der eigenen Person und nicht dem Unternehmensziel. Solche Arbeitsatmosphären sollten Geschäftsführende dringend vermeiden.“
Natalia: „Klischees wird es immer geben. Aber man darf sich auf seinem Weg nicht davon kleinkriegen lassen. Das Klischee in meiner Branche ist über 50, männlich und hat mich anfangs gebeten, ob das Gespräch nicht besser von einem Mann geführt werden könne, weil der sich technisch besser auskenne. Aber wenn sich im Gespräch herausstellt, dass du eine kompetente Fachkraft bist, die über umfassende Kenntnisse verfügt und mit Fakten überzeugt, dann sind die Vorurteile verflogen.“
Ich glaube daran, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die einen Menschen für eine Führungsposition auszeichnen. Allein das Geschlecht gibt keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Person.
Nina Urban
Gibt es bestimmte Qualitäten, die Frauen in Führungspositionen, gerne als Female Leadership hervorgehoben, besonders auszeichnen?
Nina: „Ich glaube daran, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die einen Menschen für eine Führungsposition auszeichnen. Dazu gehören Feingefühl und Empathie sowie Weitsicht, Besonnenheit und Ruhe, aber auch Offenheit für Mitarbeitende und Gewissenhaftigkeit. Das klingt jetzt nach sehr femininen Eigenschaften. Und ich denke, dass Frauen in bestimmten Punkten anders vorgehen, als Männer es tun würden, und in dieser Hinsicht anders führen. Doch man sollte sich auch hier nicht von Klischees leiten lassen. Es gibt auch Männer, die sehr feinfühlig sind, und Frauen, die es nicht sind. Allein das Geschlecht gibt keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Person.“
Was können Unternehmen tun, um bei Einstellungen oder Beförderungen besser nach Potenzial auszuwählen?
Nina: „Schon im Vorstellungsgespräch eine ehrliche und aufgeschlossene Atmosphäre schaffen, damit Kandidatinnen und Kandidaten sie selbst sein und offen sprechen können. So erfahren beide Seiten am besten, ob es passt. Zwar haben Assessment Center auch ihre Berechtigung, doch mitunter ist ein Probearbeitstag aussagekräftiger. Und auch im Alltag und bei Beförderungen hängt viel davon ab, ob Personal- und Führungsebenen die Skills von Mitarbeitenden registrieren und passend einsetzen. Das ist die Vorbildfunktion einer guten Unternehmensführung und Unternehmen sind nur dann bereit für die Zukunft, wenn diese dort auch gelebt wird.“
Natalia: „Qualitäten zeigen sich nicht allein in Aussehen, Werdegang oder Hard Skills. Und namhafte Unis, Arbeitgeber oder Referenzen sind keine Garanten für ein gutes Mindset mit Commitment. Wer quer einsteigt, kann mit großem Engagement und Commitment das Unternehmen weiter bringen als jemand, der perfekt passt, sich aber auf seinen Skills ausruht. Viele ungenutzte Potenziale schlummern noch in den Schubladen, in die sie gesteckt wurden. Hier sollten Unternehmen genau hinschauen und mit progressivem, zukunftsorientiertem Management diese Potenziale fürs eigene Unternehmen nutzen.“