KI braucht den Menschen
Hohe Erwartungen, große Bedenken: Wieso erfolgreicher KI-Einsatz das Zusammenspiel von Technologie und menschlichen Fähigkeiten braucht
Eine neue Studie zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt zeigt: Entscheider:innen erhoffen sich Großes von der Technologie – ob die Umsetzung gelingt, hängt aber auch von menschlichen Fähigkeiten und der Unternehmenskultur ab. Um das meiste aus KI-Anwendungen herauszuholen, brauchen Firmen das richtige Personal. Nat Natarajan ist Chief Product and Strategy Officer bei G-P und geht in seinem Beitrag der Frage nach dem Zusammenspiel von KI und Mensch nach.
So wie Menschen bei „Tempo“ an Papiertaschentücher und bei „Tesa-Film“ an transparentes Klebeband denken, ist der Name „ChatGPT“ für viele zum Inbegriff innovativer KI-Anwendungen geworden. Dabei repräsentiert das bekannte Tool der US-Firma OpenAI nur einen Bruchteil der Möglichkeiten, die das Leistungsspektrum von KI umfasst.
Der technologische Fortschritt in diesem Bereich entwickelt sich rasant. Mittlerweile ist es auch an der Zeit für Arbeitgeber, die Potenziale der Technologie hinsichtlich Unternehmenswachstum, Talentmanagement und HR-Prozessen auszuloten. Neue Generationen mit kühneren Ansichten und einem weltoffenen Mindset treten in den Arbeitsmarkt ein. Sie sind besonders empfänglich für die Veränderungen, die KI für die Arbeitswelt bringen könnte. Wir nennen diese Kohorte von Arbeitnehmer:innen daher die Gen Global. Sie stellen neue Anforderungen an ihr berufliches Wachstum, ihre persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und an die Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und -ort. Und die meisten von ihnen glauben fest daran, dass der technologische Fortschritt ihnen helfen wird, diese Wünsche zu erfüllen.
Studie zeigt: Große Erwartungen an KI, aber auch große Bedenken
In der kürzlich veröffentlichten Studie AI at Work: Unlocking Global Opportunities report geht G-P der Frage nach, wie und wo KI Wachstum und Beschäftigungsverhältnisse von Unternehmen auf globaler Ebene beeinflussen wird. Dafür hat der Marktführer in der globalen HR-Branche 1.500 Geschäftsentscheider:innen in Großbritannien, den USA und Kanada befragt. Zu den zentralen Erkenntnissen gehört, dass acht von zehn Unternehmen bereits ein eigenes KI-Programm etabliert haben und 84 % planen, in den nächsten zwölf Monaten in die Technologie zu investieren. Groß scheint aber auch die Unsicherheit: Fast alle Befragten (97 %) geben an, Bedenken bezüglich der eigenen KI-Pläne oder -Ziele zu haben.
Für zwei Drittel stellen negative finanzielle Konsequenzen einer falschen KI-Nutzung die größte Sorge dar. 62 % befürchten außerdem, sie könnten KI-Anwendungen überstürzt implementieren, bevor die dafür notwendigen Ressourcen und Strategien verbindlich festgelegt sind. Fehlendes Personal ist ein weiterer Grund, der die erfolgreiche Umsetzung von KI-Programmen in Gefahr bringt: Nur zwei Prozent der Entscheider:innen sind der Ansicht, ihre Firma sei personell hinreichend aufgestellt, um KI-Anwendungen erfolgreich einzuführen und zu managen. Dennoch geben 60 % an, ihr Unternehmen stecke mehr Budget in die Implementierung und Weiterentwicklung von KI-Technologien als in die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden.
Technologie braucht Anwendungskompetenz
Allein die technologischen Investments zu priorisieren, ist jedoch fatal. Um einen produktiven Nutzen aus der KI zu ziehen, sollten Unternehmen also nicht nur in entsprechende Tools investieren – sondern auch in die Fähigkeiten bzw. Weiterbildung ihrer Belegschaft. Dass genau an dieser Stelle noch Bedarf besteht, unterstreichen die Studienergebnisse: So sagt jeder zweite Befragte, dass Zweifel und Bedenken auf Mitarbeiterseite die größte Hürde auf dem Weg zur erfolgreichen Implementierung von KI-Anwendungen darstellen. 44 % sehen mangelndes Wissen darüber, wie die Technologie zu nutzen ist, als größtes Hindernis an. Diese Hürden zu überwinden, erfordert ein strategisches Vorgehen inklusive sorgfältiger Planung, Risikomanagement, der Einbeziehung aller Beteiligten sowie eine kontinuierliche Überwachung und Bewertung.
Arbeitgeber müssen verstehen, dass es bei KI nicht darum geht, Menschen und ihre Arbeit überflüssig zu machen. Vielmehr hilft die Technologie, Aufgaben schneller und besser zu erledigen. Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen befähigen Mitarbeitende, die neuen Tools effizient einzusetzen. Auch die Erstellung von Nutzungsrichtlinien und die Ernennung interner Themenexpert:innen helfen, Teams angemessen auf die Einführung von KI vorzubereiten. Diese Maßnahmen tragen außerdem dazu bei, eine Kultur der Innovation in der Organisation zu fördern. Dies steigert zugleich die Attraktivität für potenzielle Arbeitnehmer:innen aus der Gen Global oder anderen, die gerne für ein fortschrittliches Unternehmen arbeiten möchten.
Über den Tellerrand: Fachkräfte im Ausland suchen
Nur 57 % der befragten Führungskräfte setzen die dargestellten Maßnahmen um, um Risiken bei der KI-Einführung zu vermeiden. Zudem stößt auch der Ansatz, Teams durch Re- und Upskilling-Maßnahmen auf den KI-Einsatz vorzubereiten, an Grenzen. Daher müssen Unternehmen auch externe Expert:innen suchen, um KI-Programme zu entwickeln und umzusetzen. Denn dafür braucht es interdisziplinäre Teams, bestehend aus Spezialist:innen für Data Science, Machine Learning und Software-Entwicklung – über das Domänenwissen hinaus. Da diese Spezialist:innen nicht zwangsläufig auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu finden sind, müssen Entscheider:innen den Blick mitunter ins Ausland richten.
Denn während der Fachkräftemangel Deutschland fest im Griff hat, gibt es weltweit Expert:innen, die sich über internationale Karrierechancen freuen – gerade im MINT-Bereich. Dank der Flexibilität von Remote-Arbeitsmodellen können internationale Fachkräfte auch von ihrem Heimatland aus für deutsche Firmen tätig werden. So gibt es beispielsweise Technologie, die Arbeitgeber dabei unterstützt, Spezialist:innen unabhängig vom Standort zu finden und einzustellen. Das sogenannte Employer of Record (EOR)-Modell hilft Unternehmen dabei, Arbeitsbeziehungen in jedem Schritt zu unterstützen. Zentrale Besonderheit dabei ist, dass Unternehmen dafür keine lokale Niederlassung gründen müssen – was ihnen viel Zeit und Mühe beim Wachstum spart.
KI unterstützt länderübergreifendes Arbeiten
Die Befragten sind sich der Möglichkeiten, die KI für ihre Geschäftsentwicklung bietet, bewusst. Sie erkennen außerdem, dass die Technologie das Arbeiten im marktübergreifenden Kontext erleichtert. So sehen 40 % Vorteile darin, dass Chatbots Kund:innen und Partner:innen unmittelbar unterstützen, KI-Anwendungen die Zusammenarbeit erleichtern und KI das Management von Technologien und Tools zugunsten einer höheren IT-Sicherheit optimiert. Zusätzlich sagen jeweils 39 %, entsprechende Anwendungen verbessern das Talentmanagement und stellen Compliance sicher, indem marktspezifische Anforderungen und Regelungen erfüllt werden. Fast alle Entscheider:innen (96 %) glauben, das Unternehmen, die KI nutzen, um asynchrones Arbeiten über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg zu unterstützen, bald diejenigen abgehängt werden, die dies nicht tun.
Darüber hinaus lässt sich das EOR-Modell in Kombination mit KI-Unterstützung verbessern. Das kann sich vor allem mit Blick auf die Einhaltung von Compliance-Standards auszahlen, wenn Mitarbeitende in anderen Ländern eingestellt werden, und bei der Automatisierung gängiger HR-Prozesse.
Die Zukunft der KI
Da wir noch immer nur an der Oberfläche dessen kratzen, was KI in der globalen Arbeitswelt ermöglicht, wird es für Unternehmen umso wichtiger, von Anfang an strategisch vorzugehen. Teams durch geeignete Schulungsmaßnahmen vorzubereiten, eine Innovationskultur aufzubauen und Expert:innen mit dem erforderlichen Fachwissen einzustellen, sind Voraussetzungen dafür, die Technologie erfolgreich nutzen zu können.
Letztlich liegt die Zukunft der KI nicht allein in der Technik. Vielmehr müssen Unternehmen alle transformativen Elemente mitdenken, die nötig sind, um die Technologie effektiv einzubinden und gleichzeitig das Beste aus der menschlichen Arbeit herauszuholen. Nur so können sie nachhaltig wachsen.
Über den Autor:
Nat (Rajesh) Natarajan ist Chief Product and Strategy Officer bei G-P, Pionier und Marktführer der globalen HR-Branche. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Bereichen wie SaaS, Collaboration, Consumer Tech und FinTech verantwortet er bei G-P Strategie und Produktvision. Sein Fokus liegt auf der Bereitstellung innovativer SaaS-Lösungen über die G-P-Plattform und der Führung und Weiterentwicklung eines globalen Teams von Technologie-Expert:innen.
Bildquelle / Lizenz Aufmacher: Foto von Possessed Photography auf Unsplash