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Berufsorientierung: Die Jugendlichen im Mittelpunkt

Es gibt unzählige Ansätze im Rahmen der Berufsberatung. Einige stammen von Branchenverbänden, andere wie die der Bundesagentur für Arbeit sind eher sehr generalistisch. Die Redaktion des MindChange mag sprach mit Maren von Nordeck, die einen integrierten Ansatz verfolgt. Einen, bei dem diejenigen im Mittelpunkt stehen, für die solche Angebote gemacht sind.

Maren, Du initiierst eine neue Plattform zur Berufsorientierung. Woher kommt Deine Motivation?

Ich bin seit 2013 für das bundesweite Unternehmens-Netzwerk HANZ tätig, das sich mit strukturellen Themen rund um den Fachkräftemangel und speziell mit dem Thema Berufsorientierung beschäftigt.

Über die vergangenen Jahrzehnte haben sich unvorstellbar viele Formen von Ausbildungs- und Studiengängen entwickelt. In diesem Dschungel die richtigen Informationen zu finden, ist für die Jugendlichen eine große Herausforderung. Hinzu kommen zu wenig oder falsche Praktika oder unklare Vorstellungen über Ausbildungsmöglichkeiten – all dies führt dann leider oft zum Straucheln und erst im zweiten oder dritten Anlauf zum gewünschten Ziel. Die Jugendlichen stärken, ihnen Mut machen, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen und jenen zu helfen, denen es an Kontakten fehlt – dies ist mein Grundgedanke bei der Initiierung einer digitalen Plattform zur Berufsorientierung.

Durch meine jahrelange Netzwerkarbeit mit Schulen und Unternehmen wurde mir klar, dass wir dafür einen neuen Weg einschlagen müssen.

„Jugendliche wünschen sich mehr Orientierung und Unterstützung bei der Berufswahl. Wir nutzen die Möglichkeiten der digitalen Transformation, um dabei diejenigen in den Mittelpunkt zu stellen, um die es geht: diejenigen, die sich für eine Ausbildung interessieren“, beschreibt Maren von Nordeck die Motivation der Plattform.

Ich stellte mir die Frage, dass es im Zuge der Digitalisierung doch relativ einfach sein müsste, interessierte Jugendliche mit engagierten berufstätigen Menschen zu vernetzen, um auf diese Weise mehr „Aufklärungsarbeit“ über Berufsmöglichkeiten und Studiengänge leisten zu können. So wollen wir direkte Praxiseinblicke ermöglichen, Kontakte anbahnen und die Attraktivität von Ausbildungen fördern. Die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland und ein besseres Image der Ausbildung sind Folge einer zeitgemäßen Berufsorientierung!

Diese digitale Berufsbotschafter-Plattform bietet als zentrale Anlaufstelle für Jugendliche einen Vorteil, der dringend gesucht wird: 75% der Jugendlichen wünschen sich mehr Unterstützung! (Bertelsmann Stiftung, 2023). Dafür arbeiten wir Hand in Hand mit Handelskammer, Handwerkskammer, Agentur für Arbeit und der Wirtschaft.

Es gibt bereits einige Plattformen am Markt und auch von der Arbeitsagentur stammen etliche Ansätze. Was glaubst Du, was diesen Plattformen fehlt, Deine Plattform aber bietet?
Unsere Plattform bietet eine direkte Austauschmöglichkeit, z.B. per Videocall mit den Menschen die den Job ausüben. Das habe ich bisher so noch nicht gefunden. Denn wer kann von einem Beruf besser berichten als diejenigen, die ihn täglich ausüben? Einzigartig scheint mir auch, dass unsere Plattform im Hamburger Schulsystem direkt im Unterrichtsfach „Berufs- und Studienorientierung“ integriert ist. Eine Zusammenarbeit mit allen Bildungsbeteiligten, so wie wir es schon jahrzehntelang in Hamburg und – so unser Plan – bald auch in anderen Bundesländern machen, war schon immer erfolgsversprechender als isolierte Einzelmaßnahmen. Dank der Digitalität und moderner Technologien kann die Plattform von Anfang bundesweit genutzt werden. Auch Sprache stellt keine Hürde mehr dar. Ich freue mich also auf interessierte Schulen, die mit mir Kontakt aufnehmen.

Jugendliche können die Plattform selbst mitgestalten, indem sie eine Umfrage ausfüllen.

Du hast es schon kurz angesprochen, Schülerinnen und Schüler sind sind die Adressaten. Welche Rolle spielen sie beim Aufbau der Plattform?

Die Plattform ist aus Gesprächen mit Eltern, Leherer:innen, Unternehmensvertreter:innen und Schüler:innen entstanden. Die Nutzer sind natürlich die Schüler:innen, und deshalb möchte ich mit ihnen noch intensiver in den Dialog treten. Mir ist es wichtig, direkt von ihnen zu erfahren, was im Rahmen der Berufsorientierung aktuell fehlt und welche konkreten Wünsche sie für eine Plattform oder App haben, damit sie von ihnen genutzt wird und ihnen einen Mehrwert bietet. Deshalb hoffe ich, dass sich viele Schüler:innen über diesen Link hier  an meiner kurzen Umfrage beteiligen und auf diese Weise die Plattform mitgestalten.

Wenn das Projekt Erfolg haben soll, wird auch aus der Wirtschaft Beteiligung kommen müssen. Wie können sich Unternehmen engagieren?

Das ist richtig, die Plattform benötigt Menschen, die ihre Zeit und Ihr Wissen zur Verfügung stellen. Jeder, der einen Job ausübt, kann sich bei uns als Berufsbotschafter:in beteiligen. Die Gespräche werden individuell verlaufen. Der zeitliche Aufwand kann von den Berufsbotschafter:innen selbst gesteuert werden. Das System basiert auf Angebot und Nachfrage. Ich habe das Ziel, möglichst alle Ausbildungsgänge abzudecken. Dafür genügend Berufsbotschafter:innen zu gewinnen, ist eine große Herausforderung. Das ist mir bewusst. Für die Weiterentwicklung der Plattform sind wir auch auf Spenden angewiesen. Wer uns unterstützen möchte, kann dies über folgenden Link tun: Spenden – HANZ Dabei dann bitte das Projekt „Berufsbotschafter“ auswählen!  

BANI

BANI ist ein Akronym, das für Brittle, Anxious, Nonlinear und Incomprehensible steht und eine Erweiterung des VUCA-Konzepts (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) darstellt. Es wurde entwickelt, um die Herausforderungen und Unsicherheiten der modernen Welt noch präziser zu beschreiben. Im einzelnen bedeuten die Begriffe: Brittle (zerbrechlich): Systeme und Strukturen sind fragil und können plötzlich zusammenbrechen. Diese Zerbrechlichkeit erfordert Resilienz und robuste Alternativen. Anxious (ängstlich): Die ständige Unsicherheit und schnelle Veränderung führen zu Angst und Stress. Organisationen müssen daher Strategien entwickeln, um psychische Gesundheit und Wohlbefinden zu unterstützen. Nonlinear (non-linear): Ereignisse und Entwicklungen verlaufen oft unvorhersehbar und in unregelmäßigen Mustern. Dies erfordert flexible und adaptive Planungs- und Entscheidungsprozesse. Incomprehensible (unverständlich): Viele Zusammenhänge und Entwicklungen sind schwer verständlich oder erklärbar. Dies macht Transparenz und klare Kommunikation umso wichtiger. Das BANI-Modell hilft Führungskräften und Organisationen, die Dynamik und Komplexität der heutigen Arbeitswelt besser zu verstehen und darauf zu reagieren. Indem sie sich auf diese Aspekte konzentrieren, können sie besser vorbereitet sein, um mit den Unsicherheiten und Herausforderungen der modernen Arbeitswelt umzugehen.

Was ist eigentlich CSR?

Nachhaltigkeit ist eine der größten Werte von Generation Y und Z. Daher ist es auch besonders wichtig, den Begriff CSR zu erklären. Denn dieser steht in direktem Zusammenhang mit Nachhaltigkeit.

Corporate Social Responsibility (CSR) beschreibt die freiwillige Übernahme sozialer und ökologischer Verantwortung durch Unternehmen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Ziel ist es, positive Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Stakeholder zu erzielen. CSR umfasst verschiedene Aktivitäten wie umweltfreundliche Produktionsverfahren, soziale Projekte, faire Arbeitsbedingungen und transparente Geschäftspraktiken. Unternehmen, die CSR praktizieren, streben langfristige Nachhaltigkeit an und berücksichtigen dabei ökonomische, ökologische und soziale Dimensionen. Vorteile von CSR können eine verbesserte Unternehmensreputation, gesteigerte Mitarbeitermotivation und höhere Kundenbindung sein. Kritiker sehen in CSR oft eine PR-Maßnahme, die den eigentlichen Problemen nicht gerecht wird. Dennoch ist CSR ein wichtiges Instrument, um Unternehmen zu verantwortungsbewusstem Handeln zu motivieren und einen positiven gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.


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Der Mittelstand: bunt und divers

Das MindChange mag sprach mit Silke Masurat. Silke ist Geschäftsführerin des Zentrum für Arbeitgeberattraktivität. Das Unternehmen gibt jährlich den Top Job-Award heraus, der Arbeitgeber auszeichnet.

Ausbildung oder Studium: Ein kleiner Vergleich

Mittlerweile gilt das deutsche Schulsystem als durchlässiger als je zuvor. Auch am Ende einer Ausbildung kann das Studium an einer Fachhochschule erfolgen. Doch noch immer ist die Entscheidung zwischen Studium und Ausbildung auch gleichzeitig eine Entscheidung über die weitere berufliche Entwicklung.

Beide Optionen haben ihre Berechtigung. Entscheidend ist, was ihr erreichen wollt. Sich darüber im Klaren zu werden, ist schwer genug. Die Entscheidung zwischen einer beruflichen Ausbildung und einem Studium ist eine der bedeutendsten Weichenstellungen im Leben junger Menschen. Generation Y und Generation Z stehen vor der Herausforderung, die beste Bildungsform für ihre individuellen Bedürfnisse und Karriereziele zu wählen. Beide Optionen bieten einzigartige Vor- und Nachteile, die im Folgenden beleuchtet werden.

Was spricht für eine Ausbildung?

  1. Praxisnähe: Ein großer Vorteil der Ausbildung ist die unmittelbare Praxiserfahrung. Azubis arbeiten von Anfang an in ihrem gewählten Berufsfeld und sammeln wertvolle, praktische Erfahrungen, die ihnen den direkten Berufseinstieg erleichtern.
  2. Früher Verdienst: Azubis verdienen bereits während ihrer Ausbildung Geld, was besonders für diejenigen attraktiv ist, die früh finanziell unabhängig sein möchten. Das Ausbildungsgehalt bietet eine finanzielle Grundlage, die es ermöglicht, schneller eigene Projekte oder einen eigenen Haushalt zu finanzieren.
  3. Schneller Berufseinstieg: Die Ausbildungszeit ist in der Regel kürzer als ein Studium. Dies ermöglicht einen schnelleren Einstieg ins Berufsleben und die Möglichkeit, frühzeitig berufliche Erfahrungen zu sammeln und Karrierechancen zu nutzen.
  4. Klare Karrierewege: Viele Ausbildungsberufe bieten klare und strukturierte Karrierewege. Weiterbildungen und Meisterkurse können zudem weitere Aufstiegsmöglichkeiten bieten, ohne dass ein Studium notwendig ist.

Wo können Karrierehindernisse entstehen?

  1. Begrenzte Weiterbildungsmöglichkeiten: Trotz vorhandener Weiterbildungsoptionen sind die Karrierewege oft begrenzter als bei akademischen Abschlüssen. Höhere Führungspositionen sind häufig Absolventen mit Hochschulabschlüssen vorbehalten.
  2. Geringere Einstiegsgehälter: In vielen Branchen sind die Einstiegsgehälter für Auszubildende niedriger als für Hochschulabsolventen. Dies kann langfristig zu geringeren Einkommensmöglichkeiten führen.
  3. Spezialisierung: Eine Ausbildung führt oft zu einer frühen Spezialisierung, die es schwieriger machen kann, später den Beruf zu wechseln oder sich in andere Bereiche weiterzuentwickeln.

Was spricht für ein Studium?

  1. Breite Wissensbasis: Ein Studium bietet eine umfassende theoretische Ausbildung und vermittelt breites Wissen sowie kritische Denkfähigkeiten, die in vielen Berufsfeldern wertvoll sind.
  2. Bessere Verdienstmöglichkeiten: Akademische Abschlüsse führen in der Regel zu höheren Einstiegsgehältern und besseren langfristigen Einkommensperspektiven. Dies gilt insbesondere für Berufe in den Bereichen Medizin, Ingenieurwesen und Wirtschaft.
  3. Flexibilität und Karriereoptionen: Ein Studium eröffnet eine Vielzahl von Karrieremöglichkeiten und bietet die Flexibilität, in verschiedenen Branchen und Funktionen zu arbeiten. Akademische Abschlüsse sind oft Voraussetzung für höhere Führungspositionen und spezialisierte Fachbereiche.
  4. Akademische Weiterentwicklung: Ein Studium bietet die Möglichkeit zur weiteren akademischen Qualifikation, wie z.B. einem Master oder einer Promotion, die zusätzliche Karrierewege und Spezialisierungen ermöglichen.

Wo liegen die Hindernisse beim Studium?

  1. Hohe Kosten und Verschuldung: Studiengebühren, Lebenshaltungskosten und der Verzicht auf ein regelmäßiges Einkommen können zu erheblicher finanzieller Belastung und Schulden führen. Dies ist besonders relevant in Ländern mit hohen Studiengebühren.
  2. Theoretische Ausrichtung: Die theoretische Ausrichtung vieler Studiengänge kann zu einer Lücke zwischen akademischem Wissen und praktischen Anforderungen im Berufsleben führen. Absolventen müssen oft zusätzliche Praktika oder Traineeprogramme absolvieren, um praktische Erfahrungen zu sammeln.
  3. Längere Ausbildungszeit: Ein Studium dauert in der Regel länger als eine Ausbildung. Dies verzögert den Einstieg ins Berufsleben und die Möglichkeit, berufliche Erfahrungen zu sammeln und Karriere aufzubauen.

Nochmal: Individuelle Ziele gehen vor

Die Wahl zwischen Ausbildung und Studium hängt stark von den individuellen Zielen, Interessen und Lebensumständen ab. Eine Ausbildung bietet einen schnellen Einstieg ins Berufsleben und frühe finanzielle Unabhängigkeit, während ein Studium breitere Karriereoptionen und bessere langfristige Verdienstmöglichkeiten bietet. Das setzt allerdings voraus, dass das Studium zur eigenen, angestrebten Karrierewelt passt. Beispielsweise wird ein Philosophiestudium keine Führungsposition im Management eines Finanzkonzerns ermöglichen. Wenn, dann nur auf Umwegen über weitere Ausbildungen. Junge Menschen sollten ihre Entscheidung sorgfältig abwägen und dabei sowohl ihre kurz- als auch langfristigen Ziele berücksichtigen.


Praktika geben Orientierung: Nutzt die Möglichkeiten

Ihr habt immer die Chance, Praktika zu absolvieren. Neben den Pflichtpraktika in der Schule auch noch z.B. nach dem Abitur, während der Ferien oder neben der Schule. Es gibt keine bessere Möglichkeit, herauszufinden, was einem Spaß macht. Der Vorteil ist, sich nicht langfristig festlegen zu müssen. Mitunter sind sie sogar bezahlt. Praktika ermöglichen es zudem, wertvolle Kontakte in der Arbeitswelt zu knüpfen und potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen, was sowohl für den späteren Berufseinstieg als auch für die Wahl der passenden Ausbildungs- oder Studienrichtung von Vorteil ist.


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KI braucht den Menschen

Hohe Erwartungen, große Bedenken: Wieso erfolgreicher KI-Einsatz das Zusammenspiel von Technologie und menschlichen Fähigkeiten braucht

Eine neue Studie zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt zeigt: Entscheider:innen erhoffen sich Großes von der Technologie – ob die Umsetzung gelingt, hängt aber auch von menschlichen Fähigkeiten und der Unternehmenskultur ab.  Um das meiste aus KI-Anwendungen herauszuholen, brauchen Firmen das richtige Personal. Nat Natarajan ist Chief Product and Strategy Officer bei G-P und geht in seinem Beitrag der Frage nach dem Zusammenspiel von KI und Mensch nach.

So wie Menschen bei „Tempo“ an Papiertaschentücher und bei „Tesa-Film“ an transparentes Klebeband denken, ist der Name „ChatGPT“ für viele zum Inbegriff innovativer KI-Anwendungen geworden. Dabei repräsentiert das bekannte Tool der US-Firma OpenAI nur einen Bruchteil der Möglichkeiten, die das Leistungsspektrum von KI umfasst.

Der technologische Fortschritt in diesem Bereich entwickelt sich rasant. Mittlerweile ist es auch an der Zeit für Arbeitgeber, die Potenziale der Technologie hinsichtlich Unternehmenswachstum, Talentmanagement und HR-Prozessen auszuloten. Neue Generationen mit kühneren Ansichten und einem weltoffenen Mindset treten in den Arbeitsmarkt ein. Sie sind besonders empfänglich für die Veränderungen, die KI für die Arbeitswelt bringen könnte. Wir nennen diese Kohorte von Arbeitnehmer:innen daher die Gen Global. Sie stellen neue Anforderungen an ihr berufliches Wachstum, ihre persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und an die Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und -ort. Und die meisten von ihnen glauben fest daran, dass der technologische Fortschritt ihnen helfen wird, diese Wünsche zu erfüllen.

Studie zeigt: Große Erwartungen an KI, aber auch große Bedenken

In der kürzlich veröffentlichten Studie AI at Work: Unlocking Global Opportunities report geht G-P der Frage nach, wie und wo KI Wachstum und Beschäftigungsverhältnisse von Unternehmen auf globaler Ebene beeinflussen wird. Dafür hat der Marktführer in der globalen HR-Branche 1.500 Geschäftsentscheider:innen in Großbritannien, den USA und Kanada befragt. Zu den zentralen Erkenntnissen gehört, dass acht von zehn Unternehmen bereits ein eigenes KI-Programm etabliert haben und 84 % planen, in den nächsten zwölf Monaten in die Technologie zu investieren. Groß scheint aber auch die Unsicherheit: Fast alle Befragten (97 %) geben an, Bedenken bezüglich der eigenen KI-Pläne oder -Ziele zu haben.

Nat (Rajesh) Natarajan wirbt dafür, interne Themenexpert:innen zu ernennen, die übergreifend den Einsatz von KI begleiten.

Für zwei Drittel stellen negative finanzielle Konsequenzen einer falschen KI-Nutzung die größte Sorge dar. 62 % befürchten außerdem, sie könnten KI-Anwendungen überstürzt implementieren, bevor die dafür notwendigen Ressourcen und Strategien verbindlich festgelegt sind. Fehlendes Personal ist ein weiterer Grund, der die erfolgreiche Umsetzung von KI-Programmen in Gefahr bringt: Nur zwei Prozent der Entscheider:innen sind der Ansicht, ihre Firma sei personell hinreichend aufgestellt, um KI-Anwendungen erfolgreich einzuführen und zu managen. Dennoch geben 60 % an, ihr Unternehmen stecke mehr Budget in die Implementierung und Weiterentwicklung von KI-Technologien als in die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden.

Technologie braucht Anwendungskompetenz

Allein die technologischen Investments zu priorisieren, ist jedoch fatal. Um einen produktiven Nutzen aus der KI zu ziehen, sollten Unternehmen also nicht nur in entsprechende Tools investieren – sondern auch in die Fähigkeiten bzw. Weiterbildung ihrer Belegschaft. Dass genau an dieser Stelle noch Bedarf besteht, unterstreichen die Studienergebnisse: So sagt jeder zweite Befragte, dass Zweifel und Bedenken auf Mitarbeiterseite die größte Hürde auf dem Weg zur erfolgreichen Implementierung von KI-Anwendungen darstellen. 44 % sehen mangelndes Wissen darüber, wie die Technologie zu nutzen ist, als größtes Hindernis an. Diese Hürden zu überwinden, erfordert ein strategisches Vorgehen inklusive sorgfältiger Planung, Risikomanagement, der Einbeziehung aller Beteiligten sowie eine kontinuierliche Überwachung und Bewertung.

Arbeitgeber müssen verstehen, dass es bei KI nicht darum geht, Menschen und ihre Arbeit überflüssig zu machen. Vielmehr hilft die Technologie, Aufgaben schneller und besser zu erledigen. Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen befähigen Mitarbeitende, die neuen Tools effizient einzusetzen. Auch die Erstellung von Nutzungsrichtlinien und die Ernennung interner Themenexpert:innen helfen, Teams angemessen auf die Einführung von KI vorzubereiten. Diese Maßnahmen tragen außerdem dazu bei, eine Kultur der Innovation in der Organisation zu fördern. Dies steigert zugleich die Attraktivität für potenzielle Arbeitnehmer:innen aus der Gen Global oder anderen, die gerne für ein fortschrittliches Unternehmen arbeiten möchten.

Über den Tellerrand: Fachkräfte im Ausland suchen

Nur 57 % der befragten Führungskräfte setzen die dargestellten Maßnahmen um, um Risiken bei der KI-Einführung zu vermeiden. Zudem stößt auch der Ansatz, Teams durch Re- und Upskilling-Maßnahmen auf den KI-Einsatz vorzubereiten, an Grenzen. Daher müssen Unternehmen auch externe Expert:innen suchen, um KI-Programme zu entwickeln und umzusetzen. Denn dafür braucht es interdisziplinäre Teams, bestehend aus Spezialist:innen für Data Science, Machine Learning und Software-Entwicklung – über das Domänenwissen hinaus.  Da diese Spezialist:innen nicht zwangsläufig auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu finden sind, müssen Entscheider:innen den Blick mitunter ins Ausland richten.

Denn während der Fachkräftemangel Deutschland fest im Griff hat, gibt es weltweit Expert:innen, die sich über internationale Karrierechancen freuen – gerade im MINT-Bereich. Dank der Flexibilität von Remote-Arbeitsmodellen können internationale Fachkräfte auch von ihrem Heimatland aus für deutsche Firmen tätig werden. So gibt es beispielsweise Technologie, die Arbeitgeber dabei unterstützt, Spezialist:innen unabhängig vom Standort zu finden und einzustellen. Das sogenannte Employer of Record (EOR)-Modell hilft Unternehmen dabei, Arbeitsbeziehungen in jedem Schritt zu unterstützen. Zentrale Besonderheit dabei ist, dass Unternehmen dafür keine lokale Niederlassung gründen müssen – was ihnen viel Zeit und Mühe beim Wachstum spart.

KI unterstützt länderübergreifendes Arbeiten

Die Befragten sind sich der Möglichkeiten, die KI für ihre Geschäftsentwicklung bietet, bewusst. Sie erkennen außerdem, dass die Technologie das Arbeiten im marktübergreifenden Kontext erleichtert. So sehen 40 % Vorteile darin, dass Chatbots Kund:innen und Partner:innen unmittelbar unterstützen, KI-Anwendungen die Zusammenarbeit erleichtern und KI das Management von Technologien und Tools zugunsten einer höheren IT-Sicherheit optimiert. Zusätzlich sagen jeweils 39 %, entsprechende Anwendungen verbessern das Talentmanagement und stellen Compliance sicher, indem marktspezifische Anforderungen und Regelungen erfüllt werden. Fast alle Entscheider:innen (96 %) glauben, das Unternehmen, die KI nutzen, um asynchrones Arbeiten über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg zu unterstützen, bald diejenigen abgehängt werden, die dies nicht tun.

Darüber hinaus lässt sich das EOR-Modell in Kombination mit KI-Unterstützung verbessern. Das kann sich vor allem mit Blick auf die Einhaltung von Compliance-Standards auszahlen, wenn Mitarbeitende in anderen Ländern eingestellt werden, und bei der Automatisierung gängiger HR-Prozesse.

Die Zukunft der KI

Da wir noch immer nur an der Oberfläche dessen kratzen, was KI in der globalen Arbeitswelt ermöglicht, wird es für Unternehmen umso wichtiger, von Anfang an strategisch vorzugehen. Teams durch geeignete Schulungsmaßnahmen vorzubereiten, eine Innovationskultur aufzubauen und Expert:innen mit dem erforderlichen Fachwissen einzustellen, sind Voraussetzungen dafür, die Technologie erfolgreich nutzen zu können.

Letztlich liegt die Zukunft der KI nicht allein in der Technik. Vielmehr müssen Unternehmen alle transformativen Elemente mitdenken, die nötig sind, um die Technologie effektiv einzubinden und gleichzeitig das Beste aus der menschlichen Arbeit herauszuholen. Nur so können sie nachhaltig wachsen.  


Über den Autor:

Nat (Rajesh) Natarajan ist Chief Product and Strategy Officer bei G-P, Pionier und Marktführer der globalen HR-Branche. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Bereichen wie SaaS, Collaboration, Consumer Tech und FinTech verantwortet er bei G-P Strategie und Produktvision. Sein Fokus liegt auf der Bereitstellung innovativer SaaS-Lösungen über die G-P-Plattform und der Führung und Weiterentwicklung eines globalen Teams von Technologie-Expert:innen.


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Der Mittelstand: Vielschichtig und attraktiv

Chancen und Besonderheiten mittelständischer Arbeitgeber: Warum ist besonders der Mittelstand ein Top-Arbeitgeber? Das haben wir Silke Masurat gefragt. Sie leitet das ZEAG (Zentrum für Arbeitgeberattraktivität) und vergibt jedes Jahr das Top Job-Siegel. Wer also, wenn nicht Silke, weiß, was der Mittelstand der Generation Z bieten kann?

Liebe Silke, welche fünf Faktoren lassen den Mittelstand zum Herzensarbeitgeber erwachsen?

Silke Masurat zeigt, dass die GenZ auch im Mittelstand hervorragende Perspektiven hat.

Da ist zum einen eine stark werteorientierte und häufig familiäre Unternehmenskultur, die Menschen Sicherheit schenkt. Ferner ermöglichen kurze Entscheidungswege Selbstbestimmung und Wirksamkeit. Ein hohes Maß an Eigenverantwortung eröffnet chancenreiche wie vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Außerdem liegt dem Mittelstand Work-Life-Balance sowie Familienorientierung im Blut. Tief verankert ist auch der Nachhaltigkeitsgedanke – mittelständische Firmen bieten Greenwashing die Stirn.

Was würdest du jungen Menschen mitgeben, die sich nach dem Studium für einen Berufseinstieg in einem mittelständischen Unternehmen entscheiden – oder die einen Arbeitgeberwechsel von Konzern zu KMU anstreben? Worauf müssen sich diese Personen einstellen und gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die Young Professionals den Einstieg erleichtern?  

Hohe Lernbereitschaft und die Fähigkeit zur Selbstentwicklung markieren wichtige Eigenschaften, die Berufseinsteiger:innen mitbringen sollten. Denn im Mittelstand sind die Strukturen für Weiterbildung im Vergleich zu Großunternehmen oft weniger stark ausgeprägt. Eigenverantwortung und -initiative gehören genauso dazu wie unternehmerisches Denken, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Treibt Young Professionals die Motivation an, über den Tellerrand zu schauen, begünstigt das eine Karriere im Mittelstand.

Je größer ein Unternehmen, desto schwieriger gestaltet sich häufig ein Kurswechsel. Wie ist der Mittelstand in puncto Digitalisierung und New Work aufgestellt? Inwiefern muss diese Frage von Branche zu Branche unterschiedlich beantwortet werden?

Hinsichtlich Digitalisierung stehen mittelständische Unternehmen im Schatten der Konzerne. In der Regel können sie nicht mit den gleichen Kompetenzen und Ressourcen aufwarten wie Großunternehmen. Für Digital Natives bedeutet das eine Chance, Digitalisierungsprojekte inhouse zu übernehmen und maßgeblich mitzugestalten.

Flexibler und agiler als Konzerne, schneiden KMU hinsichtlich neuer Arbeitsmodelle und -methoden oft besser ab. Weit mehr als ein Viertel der Mittelständler sind mit Blick auf innovative Arbeitsformen bereits vorbildlich aufgestellt. Dennoch fehlt vielen Betrieben zum Durchbruch Stand heute die passende New Work-Kultur als Rahmen. Dieser Befund gilt meines Erachtens jedoch auch für Großunternehmen. Sowohl Digitalisierung als auch New Work entwickeln sich in den verschiedenen Branchen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten – veraltete Glaubenssätze bremsen den Wandel aus. Unternehmen aller Branchen müssen sich mit den aktuellen Strömungen auseinandersetzen und sich an Vorreiterbranchen wie dem IT-Sektor orientieren.

An vielen Stellen schimpfen Unternehmer:innen der Boomer-Generation auf die junge Arbeitnehmergeneration, von „geringer Arbeitsmotivation“ und „Null-Commitment“ ist gar die Rede. Studien des DIW zeigen jüngst, dass diese Wahrnehmung lediglich Klischees bedient. Wie nimmst du die jungen Menschen wahr und kannst diese Argumente ebenfalls entkräften? Wie blickt der Mittelstand auf die Gen Z?

Das Bild der unzuverlässigen und wenig leistungsorientierten Gen Z hält sich wacker – da bildet auch der Mittelstand keine Ausnahme. Die öffentliche Meinung wirft der jungen Generation Faulheit vor. Doch die neuen Arbeitnehmenden blicken lediglich aus einer anderen Perspektive auf die Welt. Sie brauchen eine Führung, die nicht nach dem Command-and-Control-Prinzip regiert. Sie verlangen mehr Freiheiten, suchen Vertrauen und Sinn in dem, was sie tun. Stimmen Firmen- und Führungskultur mit diesem Wertesystem überein, sind Young Professionals gerne bereit, die Extrameile zu gehen.

Durch Corona und Krisenjahre bedingt, stieg das Sicherheitsbedürfnis der jungen Generation; auch in finanzieller Hinsicht, was einige Unternehmen den Digital Natives fälschlicherweise negativ auslegen. Viele Gen Zs geraten aufgrund der erlebten Krisenerfahrung schnell an ihre (psychische) Belastungsgrenze. Mittelständische Unternehmen können dank ihrer Firmen-DNA auf diese veränderten Bedürfnisse in den meisten Fällen gut reagieren.

Inwieweit erfüllt der Mittelstand schon die Erwartungen der Digital Natives – beispielsweise mit Blick auf das unternehmerische Wertesystem, Prozessteilhabe und innerbetrieblicher Förderung?

Die Gen Z schätzt allem voran New Culture, eine starke Vertrauenskultur, attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und, wie bereits erwähnt, Sicherheit. Auch soziale und ökologische Verantwortung ranken weit oben auf der Prioritätenliste. In allen Punkten, vor allem in den beiden letztgenannten, war und ist der Mittelstand sehr stark. Anders als Konzerne jedoch traten mittelständische Unternehmen damit bisher nie aktiv an die Öffentlichkeit – sie hielten es für eine Selbstverständlichkeit. Heute kommunizieren Mittelständler ihr Engagement als Teil ihrer Marketingstrategie verstärkt nach außen.

Es gibt keine Generationen – nur Menschen

„Von Mitarbeiter:innen, die ihre Stärken kennen und frei einbringen können, profitiert nicht nur das Unternehmen, sondern die gesamte Belegschaft“, bringt es Rada Rodriguez auf den Punkt.

Wir teilen und kategorisieren gerne Menschen in Gruppen ein. Zum Beispiel bei Generationen ist es in der Forschung seit langem üblich, Einteilungen vorzunehmen. Speziell der Generation Z wird dabei in der öffentlichen Diskussion immer wieder unterstellt, eine Sonderstellung zu bekommen. Rada Rodriguez ist seit dem 1. Mai 2021 CEO der Signify GmbH. In der Gesellschaft hat Philips sein Geschäft mit Lampen und Beleuchtung konzentriert. Die erfahrene Managerin beschreibt uns im Interview ihre Prinzipien und Visionen einer Arbeitswelt im Wandel – und warum dort die Einteilung und Einkategorisierung nach Generationen nicht zielführend ist.

Frau Rodriguez, Insbesondere Gen Z wird mit vielen Attributen bedacht, die in zahlreichen Studien widerlegt sind. Aber das Narrativ hält sich. Eine der Anker-Werte dieser Generation ist das Streben nach Sicherheit. Wie erleben Sie das „Zusammenspiel der Generationen“ im Unternehmensalltag?
Wir untergliedern unsere Belegschaft nicht nach Generation, sondern sehen jede:n Mitarbeiter:innen als Individuum. Nichtsdestotrotz kann ich sagen, dass unsere jungen Mitarbeiter:innen – anders als das Klischee besagt – sehr wohl engagiert bei der Sache sind. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Wirtschafts- und Sozialpolitischen Zeitschrift. Wir legen großen Wert auf Vielfalt, damit sich unsere Mitarbeiter:innen untereinander inspirieren und gegenseitig unterstützen können. Ein schönes Beispiel hierfür sind interdisziplinäre Teams wie unser internes Sustainability Team: Hier arbeiten alle zusammen – von Teamleiter:innen bis zu Azubis. Und auch dadurch, dass sich bei uns generell alle duzen, verschwimmen die Grenzen zwischen den Generationen automatisch. Ich bin der Meinung, dass Unternehmen ihr volles Potenzial nur dann ausschöpfen können, wenn sie die Basis für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion innerhalb der Belegschaft legen.

Wie ist es Ihnen gelungen, solch ein Umfeld zu schaffen?
Entscheidend ist aus unserer Sicht ein integratives und gerechtes Arbeitsumfeld, das dazu in der Lage ist, individuelle Talente zu fördern und einen Austausch auf Augenhöhe zu ermöglichen. Von Mitarbeiter:innen, die ihre Stärken kennen und frei einbringen können, profitiert nicht nur das Unternehmen, sondern die gesamte Belegschaft. Um diese Entwicklung weiter zu fördern, haben wir im Jahr 2020 eine Leadership Mentoring Initiative ins Leben gerufen, die insbesondere Frauen dabei helfen soll, ihre Talente zu stärken und neue Fähigkeiten zu erlernen, die es für eine Führungsrolle in unserem Unternehmen braucht.

Vom Babyboomer über die Generation X bis zur Generation Z: Alle können voneinander lernen und sich gegenseitig beflügeln („Generational Leadership“). Wie bauen Sie Teams auf, in denen das möglich ist?
Wir setzen auf eine gute Mischung und möchten vor allem jungen Leuten die Chance geben, sich in verschiedenen Umgebungen zu beweisen. Hierfür durchlaufen unsere Azubis und dualen Studenten während ihrer Ausbildung alle Teams und sind bei ihren Stationen vollwertige Teammitglieder. Allein so kommt immer wieder frischer Wind in die Teams. Gleichzeitig bieten wir ein unternehmensinternes Mentorenprogramm an, das explizit darauf ausgelegt ist, jungen Kolleg:innen eine:n Mentor:in an die Seite zu stellen, die/der sie in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt. Auch ich selbst bringe mich regelmäßig als Mentorin in das Programm ein, um mein Wissen weiterzugeben, aber auch um selbst neue Denkweisen und Ideen von den Kolleg:innen zu erhalten. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Teams nicht nur beruflich, sondern auch auf persönlicher Ebene viel voneinander lernen können. Daneben bieten wir mit „Learning@Signify“ eine tolle Lernplattform mit verschiedenen Ausbildungsprogrammen an. Damit arbeiten wir an unserem Anspruch als Learning Organisation.

Welche Vision haben Sie für die Arbeitswelt 2030 bei Ihnen? Setzen Sie z.B. auf Female Leadership?
Wir möchten unser Engagement für mehr Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion auch in Zukunft fortsetzen. In diesem Zusammenhang konnten wir bereits einige Erfolge feiern: So herrscht seit 2020 innerhalb des Unternehmens Lohngleichheit – unabhängig von ihrem Geschlecht erhalten Mitarbeiter:innen, die dieselben Aufgaben machen, denselben Lohn. Bis 2025 möchten wir zudem den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 34 Prozent erhöhen. 2019 lag der Anteil noch bei 17 Prozent, 2021 bereits bei 25 und mittlerweile bereits bei 29 Prozent. Wir befinden uns also auf einem sehr guten Weg. Es liegt noch einiges an Arbeit vor uns, doch die Weichen für eine gleichberechtige und diverse Zukunft sind seit mehreren Jahren gestellt. Ich sehe Frauen absolut in Führungspositionen – ich bin ja selbst eine. Allerdings sollten wir das nicht allein an den Geschlechtern festmachen. Mir sind in meiner Laufbahn ebenso viele Männer und Frauen begegnet, die ihre Führungsrolle sehr gut ausgefüllt haben, wie diejenigen, die nicht mit guter Führung überzeugen konnten. Dementsprechend steht bei uns auch nicht die reine Quote im Vordergrund, sondern vor allem Leistung und Qualifikation.


Über Rada Rodriguez

Rada Rodriguez (65) ist seit dem 1. Mai 2021 CEO der Signify GmbH und ist neben Deutschland, Österreich und der Schweiz seit Anfang 2024 auch für die ost- und nordeuropäischen Märkte verantwortlich. Sie ist eine erfahrene Managerin, die seit Langem in der europäischen Elektrobranche verwurzelt ist. Die gebürtige Rumänin startete ihre Karriere in Schweden bei verschiedenen Unternehmen für Gebäudetechnologie und Informationssysteme, bevor sie 2004 als Head of International R&D für das Department Installation Systems & Installation Material zu Schneider Electric wechselte. Fünf Jahre später wurde sie als CEO für die Schneider Electric GmbH nach Deutschland berufen und war seitdem Teil der Geschäftsführung. Anschließend übernahm sie 2016 als General Manager für Central and Eastern Europe und später als Senior Vice President für Industrial Alliances & Industrial Relations Verantwortung für den europäischen Markt bei Schneider Electric. Sie ist seit 2018 als Non-Executive Director im Aufsichtsrat von James Hardie Industries plc tätig.

Seit vielen Jahren engagiert Rada Rodriguez sich außerdem in der Verbandsarbeit. Von 2020 bis 2024 war sie Präsidentin von Orgalim – dem Dachverband für Industrietechnologie in Europa. Neben ihrer Führungsrolle bei Signify ist sie auch Mitglied des ZVEI-Vorstands, dem wichtigsten deutschen Branchenverband der Elektroindustrie, und seit 2020 ZVEI-Vizepräsidentin.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung wachsen zusammen

Wenn es nach Herrn Prof. Dr. Gunther Olesch geht, stehen wir erst am Beginn eines Zeitalters, in dem Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenwachsen und sich gegenseitig beschleunigen. Wenn Generation Y und Z davon in ihrer Karriere partizipieren wollen, sollten sie sich Softskills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz besonders zu Herzen nehmen. Gerade letztere verlangt eine gewisse Resilienz.

Herr Prof. Dr. Olesch, tatsächlich stehen wir am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die Transformation wird vermutlich sogar noch an Tempo zulegen, wenn KI in der Produktentwicklung an Fahrt aufnimmt. Wie sind Ihre Gedanken dazu?
Ja, wir stehen definitiv am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die beiden Trends gehen Hand in Hand und verstärken sich gegenseitig. Durch die Digitalisierung können Prozesse effizienter gestaltet, Ressourcen besser genutzt und Emissionen reduziert werden. Gleichzeitig ermöglicht die Vernetzung von Geräten und Maschinen eine bessere Überwachung und Steuerung von Produktionsabläufen, was wiederum zu einer nachhaltigeren Produktion führt.


Prof. Dr. Gunter Olesch hat in seiner Karriere Unternehmen im Wachstum von 2.000 auf 20.000 Mitarbeitenden begleitet. Er ruft dazu auf, mit mehr Mut auf die Zukunft zu blicken.

Die digitale Transformation wird vermutlich noch an Tempo zulegen, wenn künstliche Intelligenz in der Produktentwicklung verstärkt an Fahrt aufnimmt. KI kann dabei helfen, Produkte so zu gestalten, dass sie ressourcenschonender hergestellt werden können und gleichzeitig den Bedürfnissen der VerbraucherInnen entsprechen. Durch die Analyse großer Datenmengen kann KI auch dabei unterstützen, nachhaltige Lösungen zu identifizieren und umzusetzen.

Insgesamt bietet die Kombination aus Nachhaltigkeit und digitaler Transformation große Chancen für Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Es ist wichtig, dass Unternehmen diese Trends frühzeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um rechtzeitig von den Vorteilen dieser Entwicklung profitieren zu können.

Wenn man auf die aktuellen Weichenstellungen in den Unternehmen blickt: Ist das schon in der Breite der Unternehmen angekommen?
Um die Herausforderungen der Zukunft wie KI, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel erfolgreich zu meistern, müssen Unternehmen mehr strategisch vorgehen. Es ist sehr wichtig, in die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren, um ihre digitalen Kompetenzen zu stärken und sie auf die Veränderungen vorzubereiten. Schulungen und Trainings können dabei helfen, das Wissen und die Fähigkeiten der Belegschaft zu erweitern.

Des Weiteren sollten Unternehmen in innovative Technologien wie KI investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Digitalisierung kann dabei helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine immer größere Rolle in der Unternehmensführung. Unternehmen sollten darauf achten, umweltfreundliche Praktiken zu implementieren und nachhaltige Lösungen in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren. Dies kann nicht nur zur Schonung der Umwelt beitragen, sondern auch das Image des Unternehmens verbessern und neue Kunden gewinnen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollten Unternehmen attraktive Arbeitsbedingungen bieten und sich als Arbeitgebermarke positionieren. Flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten, Nachhaltigkeit und eine offene Unternehmenskultur können dazu beitragen, qualifizierte Mitarbeitende gerade der Generation Y und Z anzuziehen und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Was raten Sie insbesondere den jungen Menschen da draußen? Wie können sie sich „aufstellen“, um sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorzubereiten?
Junge Menschen sollten sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten, indem sie sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickeln. Dazu gehört zum einen eine solide Ausbildung oder ein Studium in einem zukunftsträchtigen Bereich wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Nachhaltigkeit. Aber auch Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz sind entscheidend. Gerade die Generationen Y und Z sollten sich das zu Herzen nehmen.

Des Weiteren ist lebenslanges Lernen wichtig, um mit den ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt Schritt zu halten. Networking spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung auf die Arbeitswelt der Zukunft. Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu pflegen kann dabei helfen, berufliche Chancen zu nutzen und sich über aktuelle Entwicklungen in den Branchen auf dem Laufenden zu halten. Um unseren Wohlfahrtsstaat auch in Zukunft aufrecht zu halten, sollte der Gedanke, Leistung zu erbringen, betont in diesen Generationen stärker werden. Insgesamt ist es wichtig, dass junge Menschen proaktiv sind und Eigeninitiative zeigen. Sie sollten neugierig sein, sich Herausforderungen stellen und bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Nur so können sie sich optimal auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten und erfolgreich in ihr Berufsleben starten.

„Die Generation Z ist individuell und ambivalent zugleich“

Bereits im kommenden Jahr wird – global betrachtet – die Gen Z die größte Generation weltweit sein. Sie wird im Jahr 2025 mehr als 27 % der Arbeitskräfte ausmachen. Kein Unternehmen kann es sich leisten, dieses Potenzial zu ignorieren. Line Therese Hübner gehört der GenZ an – und ist Selbstständig. Sie berät Unternehmen, genau die richtigen Menschen aus dieser Generation für sich zu gewinnen. Also haben wir uns gedacht: Wer, wenn nicht Line, kann uns ein paar Fragen zur Generation Z beantworten.

Bei Generation Z gibt es so viele Stereotypen und Vorurteile… Stellen wir die Frage doch mal andersherum: Was zeichnet diese Generation aus Deiner Sicht aus?

Ich bin kein Fan davon, Generationen und dessen Individuen zu pauschalisieren. Die Generation Z ist so divers und individuell, wie jeder Mensch, der dieser Generation angehört. Natürlich gibt es Tendenzen, die in dieser Generation vertreten sind und womit sie sich von anderen Generationen unterscheidet. Auf einige davon kann ich gerne eingehen:

Meine Generation ist aufgewachsen als erster Digital Native. Social Media gehört zu unserer Kindheit genauso, wie es Schallplatten bei der Babyboomer Generation tun. Das hinterlässt seine Spuren: Eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit und das Vergleichen mit anderen Personen. Auf der anderen Seite führt es dazu, dass wir uns wie keine andere Generation vertraut mit technischen Geräten und Innovationen machen und diese in unser täglich Doing integrieren. Zudem zeigt uns Social Media, was im Leben anderer alles möglich ist. Das möchten wir in unserem Leben auch erreichen und haben daher einen hohen Ehrgeiz entwickelt. Keine andere Generation ist in jungen Jahren schon so an Inter- und Intrapreneurship interessiert. Dazu ist meine Generation mit unendlich vielen Möglichkeiten aufgewachsen. In extrem vielen Bereichen haben wir die totale Entscheidungsfreiheit: Sei es das Urlaubsziel oder die Berufswahl. Von über 21.438 in Deutschland angebotenen Studiengänge mussten wir uns für den entscheiden, der uns am meisten zusagt. Kein Wunder also, dass meine Generation Schwierigkeiten damit hat, sich zu entscheiden und zeitgleich extrem hohe Ansprüche an den Arbeitgeber stellt.

„Unternehmen denken, wenn sie eine Stellenanzeige definiert haben, wissen sie, wonach sie suchen. Doch das ist so, als würde man ein Haus bauen und das Fundament vernachlässigen“, sagt Line Therese Hübner.

Das führt auch dazu, dass uns Flexibilität und Freiheit extrem wichtig sind. Das macht sich nicht nur im Privaten bemerkbar, wo wir gerne vom Ausland aus studieren möchten oder uns bei Netflix von 2.400 Serien und fast 4.600 Filme den passenden aussuchen möchten. Auch im Berufsleben möchten wir autonom und flexibel arbeiten können. Außerdem bevorzugen wir flache Hierarchien und legen einen hohen Wert auf einen wertschätzenden Umgang. Wir möchten nicht nur arbeiten, um unser Geld zu verdienen. Wir möchten unsere Lebenszeit mit einem Purpose versehen. Aus diesem Grund ist vielen aus der Generation auch Nachhaltigkeit sehr wichtig.

Doch wie ich zu Beginn gesagt, das sind alles Tendenzen. Einige Angehörige der Gen Z werden sich hierin wiederfinden, andere weniger. Manche Babyboomer oder Millennials stehen ebenfalls für dieselben Werte ein. Die Generation Z lebt von Widersprüchen und einer Doppelmoral. Nachhaltigkeit ist uns wichtig, zeitgleich möchten wir nicht auf Billigflüge verzichten. Die Frage ist daher nicht, was die Generation auszeichnet. Vielmehr sollten sich Unternehmen die Frage stellen, welche Personen in ihre Teamkultur passen und was diese Personen auszeichnet. Unabhängig von dessen Generation.

Wie finden dann Unternehmen genau die Menschen, die sie suchen?

Das ist eine spannende Frage. Wie ich bei der vorherigen Frage schon ergeklärt habe, geht es nicht darum, möglichst attraktiv für die Gen Z zu wirken. Denn die Generation ist individuell und ambivalent zugleich. Die Frage, die sich Unternehmen daher stellen sollten, ist folgende: Wie zeichnet sich meine Unternehmenskultur aus? Wie soll sich meinesoll meine Unternehmenskultur in der Zukunft entwickeln? Welche Personen passen zu dieser Kultur, welche passen nicht?

Es geht also von innen heraus: Erst wenn Unternehmen ihre Talent-Persona geklärt haben, folgt Schritt zwei. Dabei gilt: Erst identifizieren, welche Merkmale der Arbeitgeberidentität attraktiv auf diese Personengruppe wirken und diese um weitere Aspekte zu schärfen und zu erweitern. Im letzten Schritt geht es darum, diese Aspekte sichtbar zu machen, um das Interesse der Zielgruppe für sich zu gewinnen und sich von anderen Arbeitgebern zu differenzieren.


Wir möchten nicht nur arbeiten, um unser Geld zu verdienen. Wir möchten unsere Lebenszeit mit einem Purpose versehen.

Line Therese Hübner

Wissen die Unternehmen aus Deiner Erfahrung heraus denn, was sie suchen?

Nein, überhaupt nicht. Doch sie denken, sie wissen es. Sie denken, wenn sie die Stellenanzeigen definiert haben, haben sie geklärt, wen sie denn suchen. Doch es geht weit über Stellenanzeigen hinaus, die – aber das nur am Rande bemerkt – meistens auch fehlerhaft formuliert und definiert wurden. Man kann sich das vorstellen, wie ein HausGrundgerüst, das falschfehlerhaft gebautaufgestellt wurde. Unternehmen möchten in den “Innenausbau” gehen und beispielsweise Benefits definieren, ohne dabei ein stabiles Fundament aufgebaut zu haben.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen hatte einst unbegrenzte Urlaubstage angeboten. Das hat für sehr viele Bewerbungen gesorgt. Der Benefit wurde daher als Erfolg abgestempelt. Ein Irrtum! Die Bewerbungen, die das Unternehmen damit generiert hat, haben überhaupt nicht zu der Unternehmenskultur gepasst. Das Unternehmen war ein junges Start-up und brauchte ein Team, das gerne die Extrameile geht – und ambitioniert und motiviert arbeitet. Im Prinzip hat das Unternehmen Intrapreneure gesucht. Das Benefit unbegrenzte Urlaubstage hat nun leider dazu geführt, dass sich viele junge Talente beworben haben, die sich gerne im Dauerurlaub befinden möchten.

Und genau das ist der Fehler, den viele Unternehmen begehen: HR-Maßnahmen und -Erfolge werden zu einseitig betrachtet.

Unternehmen müssen detailliert herausfinden, wer die Talent-Persona ist und sich ein umfassendes Bild von dieser Zielgruppe machen. Hierbei sollen nicht nur die beruflichen Fähigkeiten geklärt werden. Vielmehr soll sich ein detailliertes Bild von der Personengruppe gemacht werden und geklärt werden, welche Interessen und Hobbys diese Person auch im Privaten nachgeht. Darauf aufbauend können dann beispielsweise Benefits ausgewählt werden.

Welche Schritte sollte denn eine HR-Abteilung gehen, um geeignete Kandidaten der Gen Z anzuziehen?

Schritt eins: Arbeitgeberidentität definieren. Sowohl eine Ist-Analyse, als auch eine Soll-Definition. Hierzu gehört ebenfalls die Talent-Persona. Denn wie bereits erwähnt, es geht nicht darum, DIE Generation Z für sich zu gewinnen. Es geht darum, zur Kultur passende Kandidaten anzuziehen.

Schritt zwei: Sichtbarmachen der Arbeitgeberidentität. Sprich, wie kann das Unternehmen seine Arbeitgeberidentität kommunizieren und sichtbar machen.

Schritt drei: Candidate-Experience ausbauen. Es nützt einem Unternehmen nichts, allein davon zu erzählen, was die Werte sind und wie sich die Kultur definieren lässt. Um authentisch zu sein und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen langfristig zu halten, muss die Identität erlebbar gemacht werden.


About: Line Hübner

Line Hübner ist als selbstständige Recruiting- und HR-Beraterin tätig. Sie verschafft ihren Kunden Zugang zu jungen Fachkräften der Generation Z und bindet die Kandidaten ab dem Erstkontakt. Ihre Vision ist es, den Fachkräftemangel zu beseitigen, indem mehr Menschlichkeit in die Unternehmenswelt Einzug hält. Die Recruiting-Baustellen ihrer Kunden betrachtet sie ganzheitlich und beseitigt sie mit kreativen und innovativen Lösungen. 

Kontakt zu Line: https://www.line-huebner.com/ oder https://www.linkedin.com/in/line-huebner-recruiting-genz-expert/