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Der Mittelstand: Vielschichtig und attraktiv

Chancen und Besonderheiten mittelständischer Arbeitgeber: Warum ist besonders der Mittelstand ein Top-Arbeitgeber? Das haben wir Silke Masurat gefragt. Sie leitet das ZEAG (Zentrum für Arbeitgeberattraktivität) und vergibt jedes Jahr das Top Job-Siegel. Wer also, wenn nicht Silke, weiß, was der Mittelstand der Generation Z bieten kann?

Liebe Silke, welche fünf Faktoren lassen den Mittelstand zum Herzensarbeitgeber erwachsen?

Silke Masurat zeigt, dass die GenZ auch im Mittelstand hervorragende Perspektiven hat.

Da ist zum einen eine stark werteorientierte und häufig familiäre Unternehmenskultur, die Menschen Sicherheit schenkt. Ferner ermöglichen kurze Entscheidungswege Selbstbestimmung und Wirksamkeit. Ein hohes Maß an Eigenverantwortung eröffnet chancenreiche wie vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Außerdem liegt dem Mittelstand Work-Life-Balance sowie Familienorientierung im Blut. Tief verankert ist auch der Nachhaltigkeitsgedanke – mittelständische Firmen bieten Greenwashing die Stirn.

Was würdest du jungen Menschen mitgeben, die sich nach dem Studium für einen Berufseinstieg in einem mittelständischen Unternehmen entscheiden – oder die einen Arbeitgeberwechsel von Konzern zu KMU anstreben? Worauf müssen sich diese Personen einstellen und gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die Young Professionals den Einstieg erleichtern?  

Hohe Lernbereitschaft und die Fähigkeit zur Selbstentwicklung markieren wichtige Eigenschaften, die Berufseinsteiger:innen mitbringen sollten. Denn im Mittelstand sind die Strukturen für Weiterbildung im Vergleich zu Großunternehmen oft weniger stark ausgeprägt. Eigenverantwortung und -initiative gehören genauso dazu wie unternehmerisches Denken, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Treibt Young Professionals die Motivation an, über den Tellerrand zu schauen, begünstigt das eine Karriere im Mittelstand.

Je größer ein Unternehmen, desto schwieriger gestaltet sich häufig ein Kurswechsel. Wie ist der Mittelstand in puncto Digitalisierung und New Work aufgestellt? Inwiefern muss diese Frage von Branche zu Branche unterschiedlich beantwortet werden?

Hinsichtlich Digitalisierung stehen mittelständische Unternehmen im Schatten der Konzerne. In der Regel können sie nicht mit den gleichen Kompetenzen und Ressourcen aufwarten wie Großunternehmen. Für Digital Natives bedeutet das eine Chance, Digitalisierungsprojekte inhouse zu übernehmen und maßgeblich mitzugestalten.

Flexibler und agiler als Konzerne, schneiden KMU hinsichtlich neuer Arbeitsmodelle und -methoden oft besser ab. Weit mehr als ein Viertel der Mittelständler sind mit Blick auf innovative Arbeitsformen bereits vorbildlich aufgestellt. Dennoch fehlt vielen Betrieben zum Durchbruch Stand heute die passende New Work-Kultur als Rahmen. Dieser Befund gilt meines Erachtens jedoch auch für Großunternehmen. Sowohl Digitalisierung als auch New Work entwickeln sich in den verschiedenen Branchen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten – veraltete Glaubenssätze bremsen den Wandel aus. Unternehmen aller Branchen müssen sich mit den aktuellen Strömungen auseinandersetzen und sich an Vorreiterbranchen wie dem IT-Sektor orientieren.

An vielen Stellen schimpfen Unternehmer:innen der Boomer-Generation auf die junge Arbeitnehmergeneration, von „geringer Arbeitsmotivation“ und „Null-Commitment“ ist gar die Rede. Studien des DIW zeigen jüngst, dass diese Wahrnehmung lediglich Klischees bedient. Wie nimmst du die jungen Menschen wahr und kannst diese Argumente ebenfalls entkräften? Wie blickt der Mittelstand auf die Gen Z?

Das Bild der unzuverlässigen und wenig leistungsorientierten Gen Z hält sich wacker – da bildet auch der Mittelstand keine Ausnahme. Die öffentliche Meinung wirft der jungen Generation Faulheit vor. Doch die neuen Arbeitnehmenden blicken lediglich aus einer anderen Perspektive auf die Welt. Sie brauchen eine Führung, die nicht nach dem Command-and-Control-Prinzip regiert. Sie verlangen mehr Freiheiten, suchen Vertrauen und Sinn in dem, was sie tun. Stimmen Firmen- und Führungskultur mit diesem Wertesystem überein, sind Young Professionals gerne bereit, die Extrameile zu gehen.

Durch Corona und Krisenjahre bedingt, stieg das Sicherheitsbedürfnis der jungen Generation; auch in finanzieller Hinsicht, was einige Unternehmen den Digital Natives fälschlicherweise negativ auslegen. Viele Gen Zs geraten aufgrund der erlebten Krisenerfahrung schnell an ihre (psychische) Belastungsgrenze. Mittelständische Unternehmen können dank ihrer Firmen-DNA auf diese veränderten Bedürfnisse in den meisten Fällen gut reagieren.

Inwieweit erfüllt der Mittelstand schon die Erwartungen der Digital Natives – beispielsweise mit Blick auf das unternehmerische Wertesystem, Prozessteilhabe und innerbetrieblicher Förderung?

Die Gen Z schätzt allem voran New Culture, eine starke Vertrauenskultur, attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und, wie bereits erwähnt, Sicherheit. Auch soziale und ökologische Verantwortung ranken weit oben auf der Prioritätenliste. In allen Punkten, vor allem in den beiden letztgenannten, war und ist der Mittelstand sehr stark. Anders als Konzerne jedoch traten mittelständische Unternehmen damit bisher nie aktiv an die Öffentlichkeit – sie hielten es für eine Selbstverständlichkeit. Heute kommunizieren Mittelständler ihr Engagement als Teil ihrer Marketingstrategie verstärkt nach außen.