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Die KI-Therapie gegen den Fachkräftemangel

Fachkräfte werden praktisch überall händeringend gesucht – gleichzeitig wird der massenhafte Verlust von Arbeitsplätzen durch Künstliche Intelligenz beschworen. Schlüssig klingt das nicht, meint Monika Schmetzer, Director Business Operations DACH beim weltweit führenden Anbieter von Cloud-basierter Unternehmenssoftware IFS. Der viel interessantere Gedanke wäre es ihrer Meinung nach doch, KI gezielt zur Lösung des Fachkräftemangels einzusetzen.

Künstliche Intelligenz wird oft und gerne unter den Generalverdacht gestellt, viele Arbeitsplätze überflüssig zu machen – und teilweise stimmt das sogar. Doch diese Entwicklung betrifft vor allem Aufgaben und Berufsbilder mit wiederkehrenden, hochstandardisierten und regelbasierten Tätigkeiten. Sie sind meist eingebunden in starre Prozesse, die wenig Engagement fordern, und es oft gar nicht erst zulassen. Kein Wunder, dass solche Arbeiten nicht besonders attraktiv eingeschätzt werden, wenig motivationsfördernd sind und vorhandene Potenziale nicht ausschöpfen. Dazu zählen beispielsweise typische Eingangsverarbeitungsprozesse wie E-Mail-Sortierung oder Rechnungsverarbeitung.

Ein kurzer Blick in die Historie der industriellen wie auch der digitalen Revolution zeigt, dass dieses Phänomen nicht neu ist, sondern sich mit der Instrumentalisierung der KI quasi in moderner Form wiederholt: Die Automatisierung monotoner, stumpfsinniger Tätigkeiten zieht sich wie ein roter Faden durch die Evolution der Arbeitswelt. Und sie macht frei für die Erfüllung wichtiger Aufgaben von größerem Wert für die Gesellschaft (beispielsweise soziale Berufe in der Bildung oder der Pflege) oder höheren wirtschaftlichen Wertschöpfungspotenzialen für Unternehmen, ganz zu schweigen von der Arbeitszufriedenheit der Betroffenen selbst.

KI ersetzt menschliche Arbeit …

So gesehen ist KI nur die nächste logische Stufe in diesem Prozess. Sie wird dringend dafür gebraucht, Menschen von einfachen Arbeiten zu entlasten und sie für bessere produktive, kreative oder karitative Einsatzmöglichkeiten freizustellen. Freistellung ist also nicht als Kündigung, sondern als ein notwendiger Schritt zu anspruchsvolleren, werthaltigeren Berufsbildern zu sehen. Genau genommen haben wir gar keine Alternative zur Integration von KI, um die Herausforderungen unserer hochdifferenzierten Arbeitswelt zu bewältigen. Eine andere Option ist weit und breit nicht zu sehen.

… und unterstützt menschliche Arbeit

Die Warnungen, dass KI menschliche Arbeit ersetzt und Arbeitsplätze in großem Umfang vernichtet, sieht Monika Schmetzer nicht. Für sie ist KI ein Werkzeug, das monotone Arbeiten abnehmen kann.

Besonders interessant wird dies da, wo KI menschliche Arbeit nicht überflüssig macht, sondern unterstützt. KI kann nicht nur bestimmte Tätigkeiten und Berufsfelder übernehmen, sie hilft auch dort, wo Menschen nach wie vor dringend gebraucht werden. In diesem Kontext sprechen wir also nicht von Substitution, sondern von Kooperation. Eine Maschine wartet und repariert sich beispielsweise (noch) nicht selbst. Aber der Einsatz prediktiver KI sorgt im Maintenance-Umfeld dafür, dass Service-Spezialisten nur dann vor Ort sein müssen, wenn dort wirklich gebraucht werden. Überflüssige Inspektionen nach starren Serviceintervallen können entfallen. Generative KI erweitert die Einsatzmöglichkeiten über solche Einsatzszenarien hinaus um ein Vielfaches. Sie kann beispielsweise bei anspruchsvollen Aufgaben über den gesamten Sales Cycle hinweg hilfreich sein, von der Marktsondierung über Nachfragegenerierung bis zur Angebotserstellung, von Asset Management oder Aftermarket Services bis hin zu Transport und Logistik. Der sich daraus ergebende Wettbewerbsvorteil führt zu einem Anwendungsdruck, dem sich kein erfolgsorientiertes Unternehmen entziehen kann. Dass das Bildungswesen in seiner ganzen Breite von der Einschulung bis zum Mitarbeiter-Training da mitziehen muss, ist keine Frage. Instruktive KI-Schulungen sind in Unternehmen daher ein Muss. Und wenn wir schon beim Thema Mensch und KI sind: Nachwuchstalente sind in der Regel an den gerade angesagten Technologien ganz besonders interessiert und entscheiden sich im Zweifelsfall lieber für Unternehmen, die auch und gerade in diesem Punkt etwas zu bieten haben.

Ohne Kreativität bleibt KI ein stumpfes Werkzeug

KI ist jedoch weitaus mehr als „nur“ ein potenzieller Ausweg aus dem Fachkräftemangel. Sie wird die Arbeitswelt, die Freizeitwelt und generell die Art und Weise wie wir leben grundlegend verändern. Und wenn wir es richtig machen, wird sie uns auch bereichern. Um so wichtiger ist es, Entwicklungen frühzeitig zu antizipieren und positiv zu beeinflussen. Auch hier haben wir Beispiele aus der Vergangenheit, an denen wir uns orientieren können. Die dreckigen, ohrenbetäubenden Chaplin‘schen Maschinenhallen wurden durch die Produktionsautomatisierung ebenso obsolet wie die langen Tischreihen klappernder Büro-Schreibmaschinen durch die Digitalisierung. Auch bei der KI geht es letztlich darum, sie richtig einzusetzen. Doch dafür muss man sich intensiv damit auseinandersetzen.

KI darf keine Blackbox sein. Nur wenn sie transparent ist und beeinflussbar bleibt, ist sie das richtige Werkzeug für die Modernisierung der Arbeitswelt. Über der Stufenleiter von analytischer, prediktiver und jetzt auch generativer KI gibt es ja immer noch die menschliche Intelligenz als kreatives und verantwortungsbewußtes Steuerungs- und Kontrollinstrument. Es wäre fatal, darauf verzichten zu wollen.


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