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Wer nicht fragt, verändert nichts

Magnus Hetz berät Unternehmen darin, Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu unternehmen. Unter den Unternehmen gibt es viele Vorreiter, die echte Nachhaltigkeit in ihre Firmenphilosophie aufgenommen haben. Aber die meisten handeln eben „nur nach Vorschrift“. Und es obliegt uns als Verbraucher, auch einfach mal Fragen zu stellen.

CSRD. ESRS. CSR-RUG. NFRD. Kein neuer Song der Fantastischen Vier, sondern Abkürzungen für EU-Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zur Einordnung der Nachhaltigkeitsaktivitäten von Wirtschaftsakteuren.

Uff! Sind diese ganzen Vorgaben überhaupt nötig? Ist es nicht selbstverständlich, dass Unternehmen nachhaltig, also wert- und substanzerhaltend handeln?

Leider nicht. Erstens lag (liegt) der Unternehmensfokus oft auf Optimierung und Maximierung: schneller wachsen, Gewinn steigern, Konkurrenz abhängen. Zweitens liegt es in der Natur des Menschen, das Bequeme, Bekannte, Profitable zu wählen. Sich durch Regelwerke arbeiten, gut eingespielte Produktionsvorgänge zu ändern, etablierte Produkte und Angebote zu modifizieren oder gar ganz einzustellen – bloß nicht! Kostet Geld, Zeit, Ressourcen. Und was bringt es?


Die prall gefüllte Obst- und Gemüseabteilung im Supermarkt ist nur ein Beispiel dafür, was wir im Winter alles durch die Gegend karren.

Henne-Ei-Problem der Nachhaltigkeits-Umsetzung

Betrachten wir daher die Kundenseite, denn oft wird seitens der Unternehmen argumentiert „wir würden ja nachhaltigere Produkte anbieten, aber es fragt keiner danach!“

Damit macht man es sich zu einfach. Klar, wenn ich im Supermarkt die Wahl zwischen saftigen roten Erdbeeren im Winter und dem langweiligen deutschen Apfel mit braunen Punkten habe, denke ich nicht an Wasserverbrauch und CO2-Bilanz, sondern nur an die leckeren Beeren (mit viel Schlagsahne)! Aber mal abgesehen von Erdbeeren – der überwiegende Teil der Konsumenten legt, wenn befragt, großen Wert auf soziale Gerechtigkeit und eine saubere Natur. Warum ist dann das Konsumverhalten doch oft ein anderes? Der Preis ist ein Argument, der Wunsch nach viel Auswahl und das Sich-Nicht-Einschränken-Wollen. Immer häufiger hört man auch ein evasives „ich würde ja, wenn es mir angeboten würde … aber wie erkenne ich überhaupt, was nachhaltig ist?“ Und damit sind wir wieder bei den anbietenden Unternehmen – das klassische Henne-Ei-Problem.

Von Greenwashing und Brown Spinning – und der Politik

Echte Nachhaltigkeit ist schwer zu erkennen. Zu oft waren die Angaben und Aussagen Green Washing – teils gut gemeint, aber mit wenig Impact (Aufforstungsprojekte, weit weg), teils Ablasshandel, um selbst nichts ändern zu müssen (Kauf von CO2-Zertifikaten statt Einsparung). In der Kommunikation hieß es „wir pflanzen Bäume für besseres Klima“ oder „klimaneutral erzeugt“. Wer sollte den Kunden verdenken, dass sie das toll fanden und zugriffen? Um dann später, auch durch Umweltverbände und Gerichtsurteile aufgeklärt, festzustellen: wir wurden, in manchen Fällen bewusst, hinters Licht geführt. Kein Wunder, dass viele daher ökologischen und soziale Versprechungen nicht mehr trauen.

Andere Unternehmen entscheiden sich gar für Brown Spinning. Sie verkaufen Firmen-Vermögenswerte mit mieser Klimabilanz / hohem Treibhausgas-Ausstoß an Wirtschaftsakteure außerhalb ihres Konzerns. Damit bessern sie die eigene – offenzulegende – Klimabilanz auf. Faktisch werden Produktionsstätten und Firmenteile, z. B. die Förderung fossiler Energien, häufig von Betreibern aus Drittstaaten oder aus dem privaten Sektor übernommen, die vielleicht nicht so gute Ausrüstung haben, keine Offenlegungspflichten, oder sich gar nicht um das Thema Umwelt scheren. Bekanntes Negativbeispiel ist die Übernahme der Ölproduktion im Niger-Delta durch lokale Unternehmen, was globalen Ölkonzernen wie Shell, Exxon Mobil usw. zwar bessere Werte in ihrer CO2-Bilanz brachte, aber Nigeria durch höhere Ölförderung mehr Gasabfackelungen, diverse Ölkatastrophen und damit unter dem Strich der Welt mehr CO2-Emissionen und eine geschädigte Umwelt.

Die Politik ist gefordert: Regeln sollen Klarheit schaffen und mehr nachhaltiges Handeln erzeugen. Damit ergeben die Abkürzungs-Ungetüme vom Anfang auch einen Sinn. Sie sollen Firmen zu mehr Transparenz und wahren Angaben zwingen. Und es dem Kunden leichter machen, die ökologischen und ethischen Auswirkungen seines Konsums zu erkennen.