Ich bin mein eigener Chef – Wie selbstorganisierte Teams arbeiten
Andreas Ollmann fragt in unserer neuen Kolumne: „Was ist dieses New Work eigentlich?“ Ollmann gehört in Deutschland zu den Vordenkern im New Work-Bereich. In dieser Folge geht es um das Konzept der selbstorganisierten Teams, wie sie häufig in agilen Arbeitswelten zu finden sind.
In der modernen Arbeitswelt gewinnt ein Konzept zunehmend an Bedeutung: selbstorganisierte Teams. Diese Arbeitsweise verspricht mehr Autonomie, Kreativität und Zufriedenheit für Mitarbeiter, während Unternehmen von gesteigerter Produktivität und Innovation profitieren. Doch wie funktioniert das in der Praxis?
Selbstorganisation bedeutet, dass Teams eigenständig Entscheidungen treffen, Aufgaben verteilen und Prozesse gestalten dürfen. Statt einer strengen Hierarchie gibt es flache Strukturen und verteilte Verantwortung. Jedes Teammitglied wird
zum „Chef“ seines Aufgabenbereichs. Ein Schlüsselelement ist Vertrauen. Führungskräfte müssen loslassen und darauf vertrauen, dass ihre Mitarbeiter die richtigen Entscheidungen treffen. Dies erfordert einen Kulturwandel in vielen Organisationen. Mitarbeiter hingegen müssen Verantwortung übernehmen und proaktiv handeln.
Selbstorganisierte Teams arbeiten oft nach agilen Methoden wie Scrum oder Kanban. Diese Frameworks bieten Struktur, ohne die Flexibilität einzuschränken. Regelmäßige Stand-ups, Retrospektiven und iterative Arbeitszyklen sorgen für
Transparenz und kontinuierliche Verbesserung. Die Rolle der Führungskraft wandelt sich vom Befehlsgeber zum Coach und Enabler. Sie schafft die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Arbeiten, beseitigt Hindernisse und fördert die Entwicklung des Teams. Führung wird zur Dienstleistung am Team.
Kommunikation ist in selbstorganisierten Teams entscheidend. Offener Austausch, konstruktives Feedback und eine Kultur des gegenseitigen Respekts sind unerlässlich. Tools wie Slack, Google Workspace oder Microsoft Teams unterstützen
die digitale Zusammenarbeit, können aber den persönlichen Austausch nicht ersetzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zielsetzung. Statt detaillierter Vorgaben werden übergeordnete Ziele definiert. Das Team entscheidet selbst, wie es diese Ziele erreicht. Dies fördert Kreativität und Eigenverantwortung.
Die Selbstorganisation bringt auch Herausforderungen mit sich. Nicht jeder Mitarbeiter fühlt sich in diesem System wohl. Manche vermissen klare Anweisungen oder scheuen die Verantwortung. Hier ist individuelles Coaching und Unterstützung durch die Führungskräfte gefragt. Auch die Entscheidungsfindung kann in selbstorganisierten Teams komplexer werden. Methoden wie Konsent (nicht zu verwechseln mit Konsens) können helfen, effizient zu entscheiden, ohne den partizipativen Charakter zu verlieren.
Für Unternehmen bedeutet die Umstellung auf Selbstorganisation oft eine Herausforderung. Es braucht Zeit, Geduld und die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen. Der Wandel lohnt sich jedoch: Studien zeigen, dass selbstorganisierte Teams innovativer, anpassungsfähiger und letztlich erfolgreicher sind. Die Zukunft der Arbeit liegt in der Selbstorganisation. Sie ermöglicht es Unternehmen, schnell auf Veränderungen zu reagieren und das volle Potenzial ihrer Mitarbeitenden zu nutzen. Für die Beschäftigten bedeutet es mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung. „Ich bin mein eigener Chef“ ist mehr als ein Slogan. Es ist eine neue Art zu arbeiten, die Hierarchien abbaut und Menschen ermächtigt. In einer Welt, die sich ständig wandelt, könnte dies der Schlüssel zum nachhaltigen Unternehmenserfolg sein.
Andreas Ollmann
Andreas studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen. Als Inhaber und Geschäftsführer der Ministry Group glaubt er daran, dass Unternehmen im digitalen Zeitalter andere Formen von Arbeitsorganisation brauchen, um überleben zu können. Deshalb arbeitet er gemeinsam mit seinen Partnern und seinem Team daran, die Firmen der Ministry Group jeden Tag ein bisschen besser zu machen.
Seine Erfahrungen mit New Work, Change, Innovation, Transformation und nachhaltigen Unternehmen teilt Andreas gerne – als Moderator, Speaker, Coach und Berater. Er leitet regelmäßig Diskussionsrunden zum Thema Neuordnung der Arbeitswelt – flexibel, nachhaltig, gesund und digital. Aufgrund seiner vielschichtigen Erfahrungen in diesem Bereich ist Andreas zudem ein gefragter Gesprächspartner verschiedener Medien wie brandeins, Werben & Verkaufen, NDR, HORIZONT oder Capital.
Darüber hinaus möchte Andreas auch junge Menschen dazu anregen, nicht nur Anwender in unserer digitalen Welt zu sein. 2014 hat er dazu mit zwei Partnern die Hacker School gegründet: Dort kann der Nachwuchs erleben, wie spannend es ist, Dinge selbst zu steuern und zu verändern – indem man Code schreibt.
Bildquelle / Lizenz: Foto von Jandira Sonnendeck auf Unsplash