Das erste Gehalt: Fair oder nicht?
Weil am Ende des Geldes immer noch so viel vom Monat übrig ist
Beim Übergang vom Studierendenleben in die „echte“ Berufswelt ist einer der entscheidenden Momente die Gehaltsverhandlung. Steht die erste Verhandlung ums Gehalt im Leben an, ist dies der Zeitpunkt, an dem junge Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben ihren eigenen finanziellen Wert selbst einschätzen. Damit legen sie wiederum den Grundstein für ihre finanzielle Zukunft. Und so bedeutend sie ist, so angsteinflößend kann sie auch sein: Die Aussicht auf eine Gehaltsverhandlung wirkt auf viele Menschen zunächst einschüchternd. Mit der richtigen Herangehensweise lässt sich aber auch die erste Verhandlung ums Gehalt erfolgreich bewältigen. Das A und O in diesem Prozess sind: eine gute Vorbereitung, Vertrauen in sich, in die eigenen Fähigkeiten und Transparenz.
Keine Angst vorm Verhandeln
Viele Menschen fühlen sich dazu gezwungen, das ihnen unterbreitete Erstangebot anzunehmen, weil sie befürchten, dass eine Verhandlung ihre Beschäftigungsaussichten gefährden könnte. Dieser Gedanke ist jedoch alles andere als zutreffend. Denn auch für Arbeitgeber:innen sind Gehaltsverhandlungen wichtig und notwendig. Besonders in Deutschland ist der Arbeitsmarkt von einer hohen Konkurrenz um Fachkräfte geprägt – wer seinen Mitarbeitenden also in einem produktiven Verhandlungsgespräch ermöglicht, das eigene Gehalt entsprechend der eigenen Leistungen zu verhandeln, fördert sowohl das Gefühl der Mitarbeitenden, dass ihre Leistungen wertgeschätzt werden, als auch die langfristige Zufriedenheit mit dem Unternehmen.
Und nur mithilfe regelmäßiger Verhandlungen kann sichergestellt werden, dass die Vergütung auch weiterhin den Fähigkeiten, der Erfahrung und den Marktstandards für die jeweilige Position entspricht. Um leistungsstarke Mitarbeiter:innen zu finden und eine hohe Fluktuation zu vermeiden, sind Gehaltsverhandlungen also auch für Chef:innen mitunter sehr wichtig. Wer sich das als Jobstarter erst einmal bewusst macht, geht bereits mit einer anderen Haltung in das Gespräch – Selbstbewusstsein ist möglich.
Transparenz ist Chefsache
Gute Vorbereitung ist das A und O
Transparenz ist ein Eckpfeiler für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen. Auf der Arbeitgeber:innenseite sollten einerseits klare Gehaltsstrukturen existieren und Kriterien für Gehaltserhöhungen transparent sein und im Unternehmen regelmäßig kommuniziert werden. Gleichzeitig sollten Berufseinsteigende genauso wie langjährige Mitarbeitende ihre eigenen finanziellen Bedürfnisse und Werte verstehen und diese ehrlich mit (potenziellen) Arbeitgeber:innen teilen. Dabei ist vor allem die Selbsterkenntnis ein entscheidender Ausgangspunkt. Bevor man sich auf Verhandlungen einlässt, sollte man sich über seine Gehaltsvorstellungen, die eigenen Qualifikationen, Fähigkeiten und Beiträge im Klaren sein. Außerdem sollte man sich vorweg einen guten Überblick über die Durchschnittsgehälter für die jeweilige Funktion in der eigenen Branche verschaffen. Durchschnittsgehälter können übrigens auch von Stadt zu Stadt variieren. Dabei können Plattformen wie kununu, Glassdoor, indeed und LinkedIn wertvolle Einblicke bieten und einem dabei helfen, den eigenen Marktwert einzuschätzen. Darüber hinaus haben einige Unternehmen die Vorteile von Transparenz bei der Personalbeschaffung und -bindung erkannt. Einige Unternehmen legen die Gehaltsspannen für verschiedene Positionen offen, was es den Bewerber:innen und bestehenden Mitarbeiter:innen erleichtert, ihre potenzielle Vergütung noch vor Beginn des Vorstellungs- oder Gehaltsverhandlungsgesprächs zu bewerten.
So punktest Du
Während der Verhandlungen ist eine offene und aufrichtige Kommunikation unerlässlich. Es ist außerdem immer ratsam, Fragen zum Vergütungspaket, zu den Sozialleistungen und den Entwicklungsmöglichkeiten zu stellen. Werden Erwartungen und Bedenken offen dargelegt, schafft das in fast allen Fällen eine Grundlage für konstruktive Gespräche. Im Gespräch sollte sich der:die Mitarbeitende grundsätzlich immer die Frage stellen: Welchen Mehrwert bringe ich dem Unternehmen, der eine Gehaltserhöhung rechtfertigt? Einen solchen Mehrwert können etwa Fähigkeiten wie besonders gute Führungsqualitäten, eine schnelle Auffassungsgabe und eine steile Lernkurve, eine außerordentliche Eigenständigkeit oder Proaktivität bringen. Für Viele fühlt sich das zunächst wie unangebrachtes Prahlen an. Daran, seine eigenen Fähigkeiten und Stärken zu kennen, ist – solang man sich nicht überschätzt – nichts Falsches und in einem solchen Gespräch auch erwünscht. Hilfreich bei der Kommunikation der eigenen Erfolge und Fähigkeiten kann sein, diese mit Daten zu belegen und einige Beispiele der eigenen guten Arbeit für das Gespräch parat zu haben, um zu einem fairen Gehaltsangebot des Unternehmens zu gelangen. Wenn das erste Angebot nicht ausreicht, sollten sich Jobbewerber:innen oder bereits angestellte Mitarbeitende nicht gleich entmutigen lassen. Stattdessen schadet es nicht, um Bedenkzeit zu bitten und anschließend ein Gegenangebot vorzulegen, das mit Daten untermauert und professionell übermittelt wird.
Die Win-Win-Situation
Das Fazit: Transparente Gehaltsverhandlungen bringen sowohl für Bewerber:innen als auch für Arbeitgeber:innen Vorteile mit sich. Die Bewerber sichern sich eine faire Vergütung, während die Arbeitgeber:innen erstklassige Talente anziehen und an sich binden. Diese Praxis fördert das Vertrauen und schafft ein positives Klima für künftige Interaktionen im beruflichen Umfeld. Für Personen, die sich im Übergang vom Studentenleben zum Berufsleben befinden, ist es wichtig zu erkennen, dass Gehaltsverhandlungen über finanzielle Erwägungen hinausgehen. Sie umfassen den eigenen Wert, die Zukunftsaussichten und die allgemeine Zufriedenheit mit der Arbeit. Denn inwiefern Menschen ihre Arbeit als persönlich erfüllend wahrnehmen, hat nicht selten etwas damit zu tun, in welchem Maß sie sich in ihren Leistungen – unter anderem durch ein gutes Gehalt – wertgeschätzt fühlen.