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Welche Skills brauchen junge IT-Fachleute?

Florian Disson ist Lehrbeauftragter an der TU München. Dort hat er sich im Rahmen des Seminars „Praxis der Führung und Organisation“ den Themen Skills insbesondere für IT-Fachleute gewidmet. Dem Managing Director von Solita ist es wichtig, Verständnis für neue Kernkompetenzen zu vermitteln – und zwar gleichzeitig von Unternehmen wie Mitarbeitenden. Das ist aus seiner Sicht der Schlüssel, um die Komplexität und den Wandel der digitalen Transformation zu bewältigen.

„Alle Revolutionen haben bisher nur eines bewiesen, nämlich, dass sich vieles ändern lässt, bloß nicht die Menschen“ – wird Marx zugeschrieben, wobei umstritten ist, ob er es wirklich so gesagt hat. So oder so, es lässt uns ratlos zurück, denn lautet nicht die allgemeine Forderung: Wir müssen uns ändern angesichts der digitalen Transformation (die eine Revolution ist)? Begreifen, dass es mehr ist als bloßer technologischer Fortschritt, was hier gerade passiert. Dass aus den Mitteln der Digitalisierung komplett neue Geschäfts- und Arbeitsmodelle erwachsen, die eben ein „Change Management“ erfordern.

Maßgeblich IT-Berufe sind es, die die Digitalisierung weiter vorantreiben und IT-Fachkräfte sind folglich gefragt. Ihre Gehälter entwickeln sich im Vergleich zu anderen Berufsgruppen weiterhin überdurchschnittlich gut, besonders gesucht sind derzeit IT-Architekt:innen und Data Scientists. Unternehmen wissen dies. Etliche haben den notwendigen Change-Prozess bereits durchlaufen und begriffen, was sie bieten müssen, um die raren Fachkräfte für sich zu begeistern: eine sinnvolle Tätigkeit, mit der sie sich weiterentwickeln können. Spannende Projekte, gute Arbeitsbedingungen und die Möglichkeit, selber autonom zu entscheiden.

Solita vermittelt seinen Angestellten: Du kannst alle Entscheidungen treffen, die gut für mich und für dich sind, für unsere Kunden, für unser Unternehmen sowie für die Welt heute und morgen. Das bedeutet auch, dass sie ihre Karriere selbst gestalten können. Sie entscheiden, ob sie Führungsverantwortung übernehmen oder sich als Expert:in weiterentwickeln wollen.

Lineare Entscheidungen oder vorgezeichnete Karrieren gibt es damit nicht. Es ist ein für nordische Länder typischer menschenzentrierter Ansatz. Er setzt auf einen Wandel von Kultur und Arbeitsmethoden, auf die Konzentration auf Bedürfnisse, Erfahrungen und das Wohlbefinden des Einzelnen. Lösungen sollen mit Einfühlungsvermögen, Respekt und Verständnis für menschliche Werte entwickelt werden.

Aus großer Freiheit folgt bekanntlich große Verantwortung. Die zu übernehmen fällt nicht allen leicht und viele, die neu sind, brauchen Anleitung. Deswegen gibt es bei Solita parallel Prozesse und Werkzeuge, durch die man Selbstführung lernt, in Form von Coachings und Weiterbildung über eine eigene Akademie.

Um welche Skills geht es nun konkret? Was für Kernkompetenzen müssen junge IT-Fachleute für eine von der digitalen Transformation geprägte Arbeitswelt mitbringen (oder durch Weiterbildung fortentwickeln)?

Selbstgesteuertes Lernen

Da wäre zunächst ein selbstgesteuertes Lernen, d.h. die Fähigkeit, selbstbestimmt neue Konzepte, Werkzeuge und Ideen zu erlernen und alte zu verlernen. Ganz einfach, weil die Geschwindigkeit des Wandels und der Komplexität kontinuierliches Lernen erfordert und die Fähigkeit, veraltetes Wissen loszulassen.

Mit einem hohen Maß an Autonomie und Freiheit muss man umgehen können. Die Arbeit in spezialisierten Teams erfordert es, unabhängige Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für die eigene Arbeit zu übernehmen.

Sicherer Raum fördert Offenheit und Verbesserung

Genauso wichtig ist die Fähigkeit, Feedback geben und empfangen zu können. Dadurch kreieren alle gemeinsam ein Umfeld der psychologischen Sicherheit, das geprägt ist von Fürsorge sowie konstruktivem Feedback – und wenn die Menschen in einer Organisation wachsen, wächst auch die Organisation als solche.

Fünf Personen, das bedeutet unter Umständen fünfmal ein komplett verschiedenes Feedback. Diese Ambiguität gilt es auszuhalten. Per Order de Mufti ist manchmal einfacher, weil man das Nachdenken abschalten kann. Heute dagegen ist gefragt, Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen und mit Mehrdeutigkeiten umzugehen.

Junge Fachkräfte müssen sich auf diese Weise selbst führen, immer mit einer „Wir-vor-mir“-Mentalität im Hinterkopf. Ergebnis ist ein Gleichgewicht zwischen persönlichen Bedürfnissen und denen des Teams. Das fördert Zusammenarbeit und gemeinsamen Erfolg.

Das Business braucht Datenkompetenz, ITler müssen Geschäftsprozesse verstehen

Neben allen kulturellen Skills darf es natürlich auch nicht am technischen Sachverstand mangeln. IT-Fachleute sollen eine Brücke schlagen zwischen Business und IT, also Geschäftsanforderungen in technische Spezifikationen umsetzen und umgekehrt. Das bedeutet Arbeiten mit Daten: sie verstehen, erstellen, analysieren, interpretieren, kommunizieren und bei alldem ethische Aspekte mitdenken. Die Beherrschung datenbezogener Fähigkeiten ist für eine fundierte Entscheidungsfindung und ethische Praktiken unerlässlich.

Last but not least noch eine Anmerkung pekuniärer Art: So gut die Gehaltslage in IT-Berufen auch ist (siehe oben): Gerade Einsteiger:innen gehen oft mit zu hohen Erwartungen in die Verhandlungen. Schon 2021 hatte eine Studie der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG) und der get in GmbH, die führende Talent Marketplaces im MINT-Sektor betreibt, ergeben: Zu Beginn ihrer Karriere sind die Gehaltserwartungen von MINT-Talenten vergleichsweise weit von denen der Unternehmen entfernt. Befragt worden waren parallel 255 Unternehmen sowie 2.200 Fachkräfte aus der IT und dem Ingenieurwesen.

Young Professionals aus der IT und dem Ingenieurwesen überschätzen die zu erwartenden Gehaltsspannen vor allem dann, wenn sie nach einer Berufsausbildung auf den Arbeitsmarkt treten. Auch die Gruppe der Informatik-Berufsstarter mit Bachelor-Abschluss hat Gehaltserwartungen, die weit über das hinausgehen, was die Unternehmen ihnen zu bieten bereit sind. Informatik-Absolventen mit einem Master-Abschluss hingegen kommen mit den Vorstellungen der Unternehmen besonders häufig auf denselben Nenner. Masterandinnen und Masteranden aus dem Ingenieurwesen tendieren sogar dazu, die Zahlungsbereitschaft der Unternehmen zu unterschätzen.

Es braucht also eine realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten zum momentanen Zeitpunkt. Damit, und ausgestattet mit den richtigen Kompetenzen, gestalten junge IT-Fachleute nicht nur ihre eigene Karriere, sondern prägen auch aktiv den Wandel hin zu einer digital transformierten Arbeitswelt.

Über den Autor

Florian Disson ist Lehrbeauftragter an der TU München und Managing Director Germany von Solita. Das Unternehmen ist ein europäischer Marktführer für datengetriebene digitale Transformation und Unternehmensdesign mit mehr als 2.000 Spezialist:innen in neun Ländern. Die Geschäftstätigkeit umfasst Technologie, Daten und einen menschen-zentrischen Beratungsansatz mit Schwerpunkt in den Bereichen Big Data, KI und Advanced Analytics. Das Ziel des Unternehmens: Werte aus Daten in der vernetzten Welt schaffen. Der Spezialist verknüpft die Intelligenz von Menschen und Maschinen für nachhaltiges Wachstum durch Daten und Technologie. Dabei führen die Lösungen zum Unternehmenswachstum und stehen im Dienst für eine bessere Gesellschaft. Das Leistungsspektrum von Solita umfasst strategische Beratung, Service Design, Software-Entwicklung und Cloud Services. Solita wurde 1996 gegründet und beschäftigt Spezialist:innen für das digitale Geschäft in Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Estland, Belgien, Polen, Deutschland und der Schweiz.

www.solita.fi/de


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Nachhaltigkeit und Digitalisierung wachsen zusammen

Wenn es nach Herrn Prof. Dr. Gunther Olesch geht, stehen wir erst am Beginn eines Zeitalters, in dem Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenwachsen und sich gegenseitig beschleunigen. Wenn Generation Y und Z davon in ihrer Karriere partizipieren wollen, sollten sie sich Softskills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz besonders zu Herzen nehmen. Gerade letztere verlangt eine gewisse Resilienz.

Herr Prof. Dr. Olesch, tatsächlich stehen wir am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die Transformation wird vermutlich sogar noch an Tempo zulegen, wenn KI in der Produktentwicklung an Fahrt aufnimmt. Wie sind Ihre Gedanken dazu?
Ja, wir stehen definitiv am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die beiden Trends gehen Hand in Hand und verstärken sich gegenseitig. Durch die Digitalisierung können Prozesse effizienter gestaltet, Ressourcen besser genutzt und Emissionen reduziert werden. Gleichzeitig ermöglicht die Vernetzung von Geräten und Maschinen eine bessere Überwachung und Steuerung von Produktionsabläufen, was wiederum zu einer nachhaltigeren Produktion führt.


Prof. Dr. Gunter Olesch hat in seiner Karriere Unternehmen im Wachstum von 2.000 auf 20.000 Mitarbeitenden begleitet. Er ruft dazu auf, mit mehr Mut auf die Zukunft zu blicken.

Die digitale Transformation wird vermutlich noch an Tempo zulegen, wenn künstliche Intelligenz in der Produktentwicklung verstärkt an Fahrt aufnimmt. KI kann dabei helfen, Produkte so zu gestalten, dass sie ressourcenschonender hergestellt werden können und gleichzeitig den Bedürfnissen der VerbraucherInnen entsprechen. Durch die Analyse großer Datenmengen kann KI auch dabei unterstützen, nachhaltige Lösungen zu identifizieren und umzusetzen.

Insgesamt bietet die Kombination aus Nachhaltigkeit und digitaler Transformation große Chancen für Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Es ist wichtig, dass Unternehmen diese Trends frühzeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um rechtzeitig von den Vorteilen dieser Entwicklung profitieren zu können.

Wenn man auf die aktuellen Weichenstellungen in den Unternehmen blickt: Ist das schon in der Breite der Unternehmen angekommen?
Um die Herausforderungen der Zukunft wie KI, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel erfolgreich zu meistern, müssen Unternehmen mehr strategisch vorgehen. Es ist sehr wichtig, in die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren, um ihre digitalen Kompetenzen zu stärken und sie auf die Veränderungen vorzubereiten. Schulungen und Trainings können dabei helfen, das Wissen und die Fähigkeiten der Belegschaft zu erweitern.

Des Weiteren sollten Unternehmen in innovative Technologien wie KI investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Digitalisierung kann dabei helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine immer größere Rolle in der Unternehmensführung. Unternehmen sollten darauf achten, umweltfreundliche Praktiken zu implementieren und nachhaltige Lösungen in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren. Dies kann nicht nur zur Schonung der Umwelt beitragen, sondern auch das Image des Unternehmens verbessern und neue Kunden gewinnen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollten Unternehmen attraktive Arbeitsbedingungen bieten und sich als Arbeitgebermarke positionieren. Flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten, Nachhaltigkeit und eine offene Unternehmenskultur können dazu beitragen, qualifizierte Mitarbeitende gerade der Generation Y und Z anzuziehen und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Was raten Sie insbesondere den jungen Menschen da draußen? Wie können sie sich „aufstellen“, um sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorzubereiten?
Junge Menschen sollten sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten, indem sie sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickeln. Dazu gehört zum einen eine solide Ausbildung oder ein Studium in einem zukunftsträchtigen Bereich wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Nachhaltigkeit. Aber auch Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz sind entscheidend. Gerade die Generationen Y und Z sollten sich das zu Herzen nehmen.

Des Weiteren ist lebenslanges Lernen wichtig, um mit den ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt Schritt zu halten. Networking spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung auf die Arbeitswelt der Zukunft. Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu pflegen kann dabei helfen, berufliche Chancen zu nutzen und sich über aktuelle Entwicklungen in den Branchen auf dem Laufenden zu halten. Um unseren Wohlfahrtsstaat auch in Zukunft aufrecht zu halten, sollte der Gedanke, Leistung zu erbringen, betont in diesen Generationen stärker werden. Insgesamt ist es wichtig, dass junge Menschen proaktiv sind und Eigeninitiative zeigen. Sie sollten neugierig sein, sich Herausforderungen stellen und bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Nur so können sie sich optimal auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten und erfolgreich in ihr Berufsleben starten.