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Was hat die Bankenbranche zu bieten?

Heike Treffer ist Head of Human Resources bei der Caceis Bank S.A., Germany Branch – und kennt sich mit Veränderung aus. Seit 2022 gestaltet sie den HR-Wandel bei Caceis, zuvor war sie viele Jahre international für Industriekonzerne unterwegs. Wir wollten von ihr wissen: Was macht einen Arbeitgeber spannend, wenn die Branche auf den ersten Blick alles andere als hip wirkt?

Das Interesse junger Menschen an der Finanzbranche ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Wie sehen Sie hier die allgemeine Entwicklung für die Branche?
Die Vielfalt der Berufe und Jobprofile in der Finanzindustrie überrascht mich immer wieder. Wir sehen das auch bei Absolvent:innen, die spätestens beim zweiten Blick merken, dass es neben dem Klischee eines „Bankers“, viele spannende, vielfältige und herausfordernde Aufgaben gibt. Es stimmt, dass sich das Bild verändert hat, aber in der Orientierungsphase nach einem passenden Arbeitgeber sind Unternehmen aus der Finanzindustrie und insbesondere der Investmentbranche immer noch interessant. Für uns bei Caceis ist es oft eine Herausforderung zu erklären, dass wir eher Dienstleistungen als greifbare Produkte anbieten. Das macht es für Berufseinsteiger oft ein wenig komplex. Das gilt wahrscheinlich für die meisten Menschen. Nur wenige können mit dem Begriff Custodian oder Verwahrstelle etwas anfangen.

Was macht Caceis genau?
Caceis ist ein Asset-Servicing-Anbieter, der institutionellen Kunden alle Services aus einer Hand anbietet. Der Schwerpunkt liegt also auf allen Dienstleistungen rund um Kapitalanlagen. Als Verwahrstelle gehören wir zu den Top-10 in Deutschland und bei Immobilien- und Sachwertefonds sind wir sogar die Nummer 3. Daran arbeiten rund 550 Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt und München, um die anspruchsvollen Dienstleistungen zu erbringen. Natürlich ist es die Stärke einer Verwahrstelle, wenn viele Prozesse automatisiert sind und wir so Skaleneffekte nutzen können – aber im Alltag ist der Gestaltungsspielraum sehr groß. Es ist wichtig, diesen im Interesse der Kunden auch zu nutzen. „Verwahrstelle“ klingt erstmal nicht nach einem Adrenalinkick.

Heike Treffer: „Unsere Kunden und Projekte sind vielschichtig. Daher ist ein großes Interesse an gemeinsamen Lösungen mit unseren Kunden extrem wichtig.“

Was genau macht die Aufgaben so interessant?
Die Schlagwörter hier sind Veränderung, Vernetzung und Gestaltungsmöglichkeiten! Bei einer Verwahrstelle müssen Sie mit allen relevanten Marktteilnehmern eng zusammenarbeiten. Neben den Investmentkunden wie Asset Managern oder institutionellen Anlegern, sind Sie auch verzahnt mit Regulatoren und Rechtsanwaltskanzleien. Der berufliche Einstieg bei einer Verwahrstelle bietet so eine exzellente Basis in der Welt der Kapitalanlagen – ideal, um eine berufliche Karriere in der Kapitalmarktwelt zu gestalten, gerade für Absolventinnen und Absolventen sowie Berufsstarter. Die Aufgaben und Weiterentwicklungsmöglichkeiten reichen von Akquisition und Kundenbetreuung hin zu der Mitwirkung an oder Führung von Projekten, strategischer Planungsprozesse oder der Übernahme rechtlicher und steuerlicher Aufgaben oder in der IT.

Welche Skills sind da besonders wichtig?
Neben dem fachlichen Know-how gibt es viele weitere Fähigkeiten, die für uns große Bedeutung haben. Was den meisten Bereichen erforderlich ist, nennen wir im Englischen „Dealing with ambiguity“.Auch wenn unser Berufsfeld im ersten Moment einen anderen Eindruck macht: Kunden und Projekte sind vielschichtig und für viele der täglichen Aufgaben gibt es keine Schablonen. Wir sehen uns immer wieder Situationen mit unvollständigen Informationen oder unterschiedlichen Aussagen gegenüber. Kandidatinnen und Kandidaten sollten also ein gewisses Interesse und eine Freude daran haben, in kniffeligen Konstellationen gemeinsam Lösungen für Kunden zu entwickeln. Und dafür braucht man Energie, Offenheit und den Willen zu einer guten Zusammenarbeit.

Und welche Studiengänge passen gut zu den Anforderungen?
Bei der Bewerberauswahl legen wir großen Wert auf die Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Das ist der Kern, der die Aufgaben auch für Studienabgänger unterschiedlicher Fachrichtungen interessant macht. Neben den betriebswirtschaftlichen Abschlüssen sind für unsere Branche auch Wirtschaftsinformatiker interessant. Außerdem gibt es in einigen Unternehmensbereichen auch gute Entwicklungsmöglichkeiten für Quereinsteiger diverser Fachrichtungen. Und natürlich sind auch gut ausgebildete und interessierte Bankkaufleute im Asset Servicing wertvoll und jederzeit willkommen.

Wie sind die Entwicklungsmöglichkeiten?
Caceis ist Teil der internationalen Bankengruppe Crédit Agricole. Neben den lokalen Entwicklungsmöglichkeiten ist die globale Vernetzung in der Zusammenarbeit ein wichtiger Punkt. Wir unterstützen auch, wenn sich engagierte Mitarbeitende in der Gruppe weiterentwickeln möchten. Und wie bereits angesprochen, durch das breite Know-how, das man sich im Asset Servicing erarbeitet, stehen bei uns viele Türen offen. Als Arbeitgeber ist es uns wichtig, jede Einzelne und jeden Einzelnen bei ihrem bzw. seinem eigenen Karriereweg zu begleiten und sinnvolle Entwicklungsschritte im Haus aufzuzeigen. In der Personalentwicklung legen wir dabei ein großes Augenmerk auf die Verantwortung der Führungskräfte. Sie kennen ihre Teams am besten und können, gemeinsam mit der HR-Abteilung, Potenzial erkennen und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten aktiv vorantreiben.

Was bietet Caceis als Arbeitgeber?
Wir sind als Arbeitgeber in einem Prozess des Wandels. Wir arbeiten intensiv an den einzelnen Jobprofilen, der Wahrnehmung als Verwahrstelle und an der Unternehmenskultur. Unser Fokus liegt auf der einen Seite auf der Expertise, die die Teams über die Jahre aufgebaut haben, aber auf der anderen Seite müssen alle bereit für Neues sein. Die Kunden werden digitaler und die regulatorischen Anforderungen komplexer. Hier spielt auch Diversität eine wichtige Rolle. In allen Facetten, aber insbesondere auch mit Blick auf die Altersstruktur. Wir machen seit vielen Jahren sehr gute Erfahrung mit Teams, die sowohl junge als auch sehr erfahrene Teammitglieder haben. Da bildet sich sehr natürlich eine Balance. Wir finden, dass zu viel über Generationenschubladen diskutiert wird. Wer gemeinsam an herausfordernden Projekten arbeitet, macht sich nach meiner Einschätzung keine Gedanken darüber, dass hier gerade vielleicht 20 Jahre Altersunterschied am Tisch sitzen. Natürlich bieten wir auch für alle Mitarbeitenden interessante Benefits und Weiterbildungsangebote, aber bei allen Gesprächen stelle ich immer wieder fest, dass ein „gutes Miteinander“ das Wichtigste ist.

KI-Kompetenz ist kein „Nice to have“

Silke Masurat ist mit ihrem Zentrum für Arbeitgeberattraktivität so etwas wie der Leuchtturm des Mittelstands. Gemeinsam mit ihr richten sich viele Unternehmen so aus, dass sie für Fachkräfte attraktiv sind. Daher ist genau sie die richtige Person, wenn wir über Upskilling, also über Personalentwicklung in der Breite, sprechen wollen.

Frau Masurat, übereinstimmend kommen verschiedene Studien, allen voran der Future Work Report, zu dem Ergebnis, dass Unternehmen „in der Breite“ neue Kenntnisse für das KI-Zeitalter etablieren müssen. Doch viele Unternehmen kämpfen aktuell mit existenziellen Herausforderungen. Verfängt die Botschaft?
Die Botschaft verfängt, aber oft nur selektiv. Viele Unternehmen erkennen die Dringlichkeit, doch klafft zwischen Einsicht und Umsetzung eine Lücke. Der Future Work Report zeigt: Wer heute nicht in KI-Kompetenzen investiert, riskiert in wenigen Jahren den Anschluss zu verlieren. Gleichzeitig stehen besonders KMUs vor kurzfristigen Krisen wie Fachkräftemangel, Energiekosten und Lieferkettenproblemen, die strategische Themen wie Upskilling in den Hintergrund
drängen.
Dennoch gibt es Pioniere, die das Thema strategisch angehen – etwa durch Micro-Learning-Formate oder Kooperationen mit EdTech-Anbietern. Der Einstieg ist oft einfacher als gedacht: Schon das regelmäßige Nutzen von KI-Tools wie ChatGPT
oder Copilot im Arbeitsalltag kann die Lernkurve fördern. Wichtig ist dabei, dass Führungskräfte als Vorbilder agieren und klar machen: KI-Kompetenz ist kein „Nice-to-have“, sondern überlebenswichtig.

„Mitarbeiter bleiben länger im Unternehmen, wenn sie klare Entwicklungsperspektiven sehen“, sagt Silke Masurat.

Wie können Unternehmen trotz zahlreicher Herausforderungen einen klaren Upskilling-Plan entwickeln?
Ein klarer Plan erfordert Priorisierung und Pragmatismus. Drei Schritte haben sich in der Praxis bewährt:

Skills-Assessment durchführen
Zuerst sollte man den aktuellen Stand im Unternehmen checken: Was können die Mitarbeiter schon, wo gibt es Lücken? Eine Gap-Analyse hilft dabei – etwa zu sehen, wie es um Datenkompetenz oder Prompt-Engineering steht. Tools wie Skills-Mapping oder einfach Mitarbeiterbefragungen liefern hier gute Ansätze.

Pilotprojekte starten
Am besten fängt man klein an, zum Beispiel mit einem „KI-Tag“, wo Teams konkrete Anwendungen ausprobieren. So sammelt man praktische Erfahrung, ohne gleich ein großes Projekt aufzusetzen.

Externe Angebote nutzen
Man muss nicht alles selbst machen – Hochschulen oder Plattformen wie Coursera bieten passende Kurse an. Das spart interne Ressourcen und bringt schnell Know-how ins Team.

Was mir besonders am Herzen liegt: Upskilling sollte Chefsache sein, nicht nur HR-Thema. Wenn die Führungsebene die Vorbildrolle lebt und aktiv unterstützt – zum Beispiel mit Budget, Zeit und Kommunikation – steigt die Akzeptanz im ganzen Unternehmen.

Weiterbildung und Training on the Job können ein schlagkräftiges Mitarbeiterbindungsinstrument sein. Wie wichtig ist das laut Ihren Beobachtungen?
Weiterbildung ist ein zentraler Hebel für Mitarbeiterbindung – besonders für die Generationen Y und Z, die kontinuierliches Lernen als festen Bestandteil ihrer Karriere erwarten. Studien zeigen, dass Mitarbeitende länger im Unternehmen
bleiben, wenn sie klare Entwicklungsperspektiven sehen. Effektive Weiterbildung muss jedoch zielgerichtet und praxisnah sein. Formate wie „Learning Sprints“, bei denen Teams neue Tools direkt anwenden, verbinden Wissensaufbau mit direktem Mehrwert für den Arbeitsalltag. Besonders wirksam ist es, Mitarbeitende aktiv einzubinden: Die Frage, welche Skills Mitarbeitende für ihre Rolle in zwei Jahren benötigen, können diese meist am besten beantworten. So wird
Weiterbildung zum individuellen Karrieretreiber statt eines Top-down-Programms.

Upskilling geht einher mit moderner Führungskultur… Inwiefern deckt sich diese These mit Ihren Beobachtungen?
Das deckt sich absolut mit meinen Beobachtungen. Eine moderne Führungskultur ist der Schlüssel für erfolgreiche Upskilling-Initiativen. Hierarchisches „Command-and-Control“ funktioniert nicht mehr – stattdessen braucht es eine kollaborative Kultur des Lernens und Experimentierens.

Erfolgreiche Führungskräfte setzen auf:

  • Empowerment: Freiräume für Lernzeiten schaffen.
  • Psychologische Sicherheit: Fehler als Lernchancen begreifen.
  • Transparenz: Den Sinn hinter Upskilling-Initiativen klar kommunizieren.
    Ein inspirierendes Beispiel ist das Konzept des „Reverse Mentoring#2: Hier coachen
    junge Mitarbeitende Führungskräfte und ältere Mitarbeitnde zu neuen Technologien
    wie KI-Tools. Das stärkt nicht nur die Kompetenzen aller Beteiligten, sondern auch
    das Vertrauen innerhalb des Teams.

Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Herausforderungen für Führungskräfte? Und was sind Ihre drei Ratschläge für die nächsten Monate?
Die größte Herausforderung besteht darin, den Spagat zwischen operativer Effizienz und strategischer Zukunftsfähigkeit zu meistern. Meine drei zentralen Ratschläge lauten:

  1. Machen Sie KI erlebbar:
    Starten Sie Pilotprojekte – z. B., indem Teams ChatGPT oder ähnliche Tools nutzen,
    um Prozesse zu optimieren. Nur durch Praxis entsteht Überzeugung.
  2. Seien Sie ein lernendes Vorbild:
    Zeigen Sie Offenheit für Neues und geben Sie zu, wenn auch Sie dazulernen
    müssen. Authentizität stärkt Glaubwürdigkeit und motiviert Teams.
  3. Denken Sie in Skills statt in Jobs:

Fragen Sie nicht: „Welche Berufe ersetzt KI?“ Fragen Sie: „Welche Tätigkeiten verändern sich – und wie bereiten wir uns darauf vor?“

Upskilling im KI-Zeitalter ist in meinen Augen keine einmalige Maßnahme – es ist ein kontinuierlicher Prozess der Transformation. Unternehmen, die jetzt handeln, sichern nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit, sondern schaffen auch eine Kultur des Wachstums und der Bindung von Talenten. Der Wandel mag herausfordernd sein – aber er beginnt mit kleinen Schritten und mutigen Führungspersönlichkeiten!

Unternehmertum: „Man beginnt auf einem leeren Blatt Papier“

Ein persönlicher Wendepunkt im Leben, die Unzufriedenheit im Angestelltenverhältnis und eine gute Geschäftsidee haben Julius Grennigloh dazu bewogen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Erfahrung damit hatte er keine – aber viel Entschlossenheit und Durchhaltevermögen. Hier erzählt er von seinem Einstieg ins Unternehmertum und den vielen Emotionen die in so einer Gründungsphase auftauchen.

Krisenzeiten sind Gründungszeiten – das bestätigt sich aktuell auch in Deutschland: Die Anzahl an neu gegründeten Startups ist im vergangenen Jahr trotz anhaltender Krisenstimmung wieder leicht angestiegen. Die Hotspots sind weiterhin Großstädte, vor allem Berlin und München, sowie forschungsnahe Standorte. Es boomen insbesondere die Branchen Software, Medizin und Food. Das zeigt der Deutsche Startup Monitor 2024 des Startup Verbandes. Auch für viele junge Menschen ist es vorstellbar, sich selbstständig zu machen beziehungsweise ein eigenes Unternehmen zu gründen. Laut des Global Entrepreneurship Monitors 2023 der Bertelsmann Stiftung ist fast jeder Zweite daran interessiert, Männer eher als Frauen. Allerdings gehen deutlich weniger von ihnen tatsächlich den Schritt. Viele sind unsicher, haben kein Zutrauen in die eigenen Kompetenzen, zweifeln am nötigen Wissen und scheuen den mit der Gründung einhergehenden Stress.

Wie lassen sich diese Hürden überwinden? Unternehmerisches Denken und Handeln werden selten in die Wiege gelegt und Deutschland ist nicht gerade für eine gründungsfreundliche Kultur bekannt. Verwaltungsprozesse und Bewerbungsverfahren für Förderprogramme dauern in der Regel deutlich länger als im Ausland; während das Verfahren vom Beginn bis zum Eintrag einer Gesellschaft in Estland oft in weniger als einer halben Stunde erledigt ist, muss man in Deutschland bis zu vier Wochen einplanen. Neben einem positiven Bild vom Unternehmertum und dem leichteren Zugang zu Ressourcen, braucht es also viel Mut und Selbstbewusstsein.

Wichtig ist das Zeit- und Selbstmanagement: Am Anfang sitzt man oft bis Mitternacht am Schreibtisch und kann vorm Schlafengehen schlecht abschalten – das zerrt an den Nerven. So musste auch ich lernen, mich selbst gut zu strukturieren und Aufgaben zu priorisieren.

Aus dem eigenen Bedarf heraus zur Gründungsidee finden

Meine Gründungsidee ist aus dem eigenen Bedarf heraus entstanden. 2018 habe ich die Diagnose Diabetes-Typ-1 erhalten. Ich hatte mich länger schlapp gefühlt, ungewöhnlich viel Durst, und mir daraufhin Blut abnehmen lassen. Als wäre die chronische Erkrankung selbst nicht schon Schock genug, kam sie zum ungünstigsten Zeitpunkt – parallel zum Einstieg in
einen neuen Job. Das Onboarding ging einher mit Blutzucker messen, Kohlenhydrate zählen und Insulin spritzen. Was mich dabei am meisten gestört hat: Essen, ohne Appetit zu haben, und zu jeder Tages- und Nachtzeit der Griff zu schnell wirkenden, aber ungesunden, zuckerhaltigen Lebensmitteln. Der Suchtmechanismus des Zuckers, maßgeblich hervorgerufen durch den süßen Geschmack und seine Wirkung auf das körpereigene Belohnungssystem, hat dazu geführt, dass auch ich, der vorher fast nie Süßigkeiten gegessen hat, anfing zwischendurch immer wieder zu naschen – auch ohne Unterzucker.
Sowas wird schnell zur Gewohnheit. So kam ich auf die Gründungsidee: die Entwicklung eines Dextroseprodukts, das keinen klebrig-süßen Geschmack im Mund erzeugt, nicht die Zähne angreift und gleichzeitig vom Körper rasch verwertet wird – eine Marktlücke.

Der Weg von der Idee bis zur Umsetzung und schlussendlich dem Dasein im Unternehmertum war steinig. Vom ersten Prototypen über die Patentanmeldung bis hin zum Verkaufsstart lief vieles am Ende ganz anders ab als gedacht. Ich startete das Projekt neben meinem Vollzeitjob, ohne jegliche Erfahrung im Gründen. Zugute kamen mir betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Berufserfahrung in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Finanzen. Trotzdem ist der Schritt etwas Eigenes von null aufzubauen eine deutlich größere Herausforderung als in bestehenden Strukturen zu arbeiten. Man beginnt auf einem leeren Blattpapier, ohne Möglichkeiten sich an Bestehendem zu orientieren.

Impulse bekam ich von meinem Vater, ehemals Bauunternehmer – er hatte immerhin schon einmal eine Gesellschaft mitgegründet –, und befreundeten Unternehmern. Ein Rat an dieser Stelle: sich von Beginn an mit Anderen auszutauschen und ein Netzwerk aufzubauen. Die erste Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten: Vollzeit arbeiten und gründen
sind schwer miteinander zu vereinbaren. Ich musste nebenher prüfen, ob sich das Produkt überhaupt nach meinen Vorstellungen umsetzen lässt, einen Produkthersteller finden, und sicherstellen, dass die Kosten realisierbar sind. Ich hatte zu Beginn keinerlei Strukturen und war gezwungen, nach dem Prinzip „Learning by Doing“ vorzugehen. Klassische
Internetrecherche, Kaltakquise, alte Kontakte reaktivieren, zu Hause mit der Tablettenpresse experimentieren. Mit einem Produzenten war ich dann so weit, dass er Proben herstellte – größere Chargen funktionierten aber nicht. Eine monatelange Hängepartie, kurzzeitiges Outsourcing an ein Partnerunternehmen, viel verschwendetes Produkt und eine vierstellige
Fehlinvestition folgten. Zwei Entscheidungen waren in dieser Phase wichtig: Die Festanstellung zu kündigen und den Produzenten zu wechseln, um von vorne anzufangen.


Julius Grenningloh hat sich bei seinem Einstieg ins Unternehmertum mit vielen unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert gesehen – aber aufgeben kam nicht infrage.

Ein Jahr später als geplant läuft die Produktion nun, dennoch sind kontinuierliche Verbesserungen nötig, und nicht alles ist machbar. Bestätigt hat sich aber: Namhafte Hersteller mit jahrelanger Erfahrung am Markt und großen Produktionskapazitäten bieten mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit, was insbesondere für junge Unternehmen,
welche sich nicht zu viele Fehltritte am Anfang leisten können, essenziell ist. Unterschätzt habe ich auch den Umgang mit neuen Medien. Auf Social Media wird man schnell abgestraft, wenn der Content nicht die Kriterien erfüllt. Dazu gehört die richtige Sprachregelung: was darf ich rechtlich gesehen überhaupt kommunizieren? Hier kann „Learning by Doing“ teuer werden, lieber eine Runde mehr (mit einem Anwalt) drehen, bevor man loslegt.

Hinfallen und wieder aufstehen

Über Wochen der Enttäuschung und Demotivation hinweggeholfen hat mir das Mindset, dass solche Phasen zum Günden dazugehören – man muss sie aushalten, wenn man grundsätzlich hinter seiner Idee steht. Mittlerweile steckt so viel Herzblut in dem Geschäft, dass ich nicht mehr ans Aufhören denke. Natürlich ist das einfacher gesagt als getan, wenn die eigene Existenz vom Erfolg der Gründung abhängt.

Unterstützung hatte ich von einem befreundeten Unternehmer, der in einem ähnlichen Umfeld tätig ist – ihm konnte ich viele Fragen zur Wahl der richtigen Partner, zur Patentanmeldung und zu rechtlichen Anforderungen stellen. Gute Anlaufstellen sind darüber hinaus Gründernetzwerke – die habe ich selbst im Nachhinein viel zu wenig genutzt. Gleiches gilt für Gründerstipendien und -zuschüsse.

Allgemein empfiehlt es sich, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und Dinge, die viel Fachwissen erfordern oder zeitintensiv sind, auszulagern. Mein Vater hat zum Beispiel die Buchhaltung übernommen. In dem Bereich hatte ich zwar sehr viel Erfahrung, aber die Arbeit ist äußerst zeitintensiv und so kann ich mich auf andere Dinge konzentrieren. Außerdem
unterstützt mich eine Agentur bei den Themen Website und Marketing.

Ebenfalls wichtig ist das Zeit- und Selbstmanagement: Am Anfang sitzt man oft bis Mitternacht am Schreibtisch und kann vorm Schlafengehen schlecht abschalten – das zerrt an den Nerven. So musste auch ich lernen, mich selbst gut zu strukturieren und Aufgaben zu priorisieren. Außerdem versuche ich regelmäßig mentale Auszeiten vom Tagesgeschäft zu
nehmen: mit simplen Sachen wie Lesen, Spazierengehen und Sport machen.

Resilienz ist ein Erfolgsfaktor

Das HR-Beratungsunternehmen Profil M hat mit seinem Talent-Klima-Index eine wiederkehrende Untersuchung initiiert über die wichtigsten HR-Themen. Resilienz gilt dabei in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als eine Königsdisziplin für Führungskräfte. Und ist messbar. Wir sprachen mit Michael Paschen, Managing Director von Profil M.

Laut eurem Talent-Klima-Index 2024 ist Resilienz eine der wichtigsten Zukunftskompetenzen für Führungskräfte (4,3 von 5 Skalenpunkten). Was versteht man unter Resilienz und warum ist es für die heutige (Arbeits-)Welt eine so wichtige Fähigkeit?

Sowohl auf der individuellen als auch der organisationalen Ebene versteht man unter Resilienz die Fähigkeit erfolgreich mit Belastungen oder Krisen umzugehen. Und da wir in einer Zeit leben, in der multiple Krisen zunehmen, müssen Organisationen mit vielen Herausforderungen umgehen – das färbt auch auf das Individuum ab. Jedoch brauchten Menschen schon immer Resilienz. Wenn ich beispielsweise an meine Großmutter denke, dann hat sich für sie sehr viel verändert: Sie hat den Kaiser erlebt, zwei Weltkriege, die Regierung unter Adenauer und die 70er-Jahre. Das Beispiel zeigt, dass Veränderungen kein besonderes Kennzeichen der heutigen Zeit sind. Was heute anders ist: Die Schnelligkeit vieler Entwicklungen bei gleichzeitiger globaler Vernetzung und dass Veränderungen stark technologisch geprägt sind. Durch diese Vernetzung und ständige Zugänglichkeit zu Informationen weltweit, entsteht bei den Menschen die Wahrnehmung, dass immer irgendwo eine Krise ist. Zudem gibt es existenzielle Krisen wie die Klimakrise, die das Thema stärker in den Fokus rücken. 

Und auch wenn sich viele Klischees über Generationen nicht empirisch nachweisen lassen, zeigen Untersuchungen: Die Gen Z ist, im relativen Vergleich gesehen, die unglücklichste und pessimistischste Generation, seitdem man diese Messung vornimmt – und zugleich die, die sich als am wenigsten resilient beschreibt. Somit verschärft sich das Problem von zwei Seiten, denn multiple Herausforderungen „treffen“ auf weniger resiliente Menschen.

Michael Paschen: „Grundsätzlich beginnt Resilienz immer bei der Führungskraft selbst. Denn sie prägt durch ihre Haltung eine Vorbildfunktion.“

Wie können Führungskräfte die Resilienz des einzelnen Mitarbeitenden fördern?

Für die Führungskraft beginnt der Ansatzpunkt idealerweise nicht beim einzelnen Mitarbeitenden, sondern eine Ebene drüber: bei der Resilienz des Teams. 

Doch generell gibt es bei der Resilienzförderung drei Aspekte: die eigenen Ressourcen, Lernbereitschaft sowie eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit. Zu den eigenen Ressourcen zählen auch innere Ressourcen wie zum Beispiel ein eher positiv geprägter Blick auf die Welt. Und hier kann eine Führungskraft mit einer optimistischen Haltung als Vorbild agieren. 

Der zweite Aspekt, Lernfähigkeit und -bereitschaft, umfasst unter anderem Selbstreflexion und Offenheit für Neues. Menschen, die lernbereiter sind, sind tendenziell resilienter. Denn wenn sich durch Krisen und Belastungsfaktoren Anforderungen verändern, ziehen diese Menschen leichter mit. Als Führungskraft kann ich „Lernen“ als einen wichtigen Moment im Team sehen und Skills aktuell halten. Der letzte Punkt, die grundsätzliche Veränderungsfähigkeit, beinhaltet die Frage: Wie schlimm empfinde ich, dass sich Dinge verändern? Denke ich bei einer Veränderung, dass es mir eigentlich egal ist, ob ich etwas nun links- oder rechtsherum mache oder bricht für mich eine Welt zusammen, wenn jemand sagt, wir machen etwas nicht mehr so wie früher? Auch hier spielt wieder das Mindset einer Führungskraft eine wichtige Rolle. Wenn diese offen für neue Ansätze, Strukturen und Themen ist, vermittelt sie, dass niemand im Arbeitskontext Angst vor Veränderungen haben muss. Wenn ein Team für Veränderungen gewappnet ist, dann wirkt sich das auch positiv auf die Resilienz des Individuums aus. Denn die einzelnen Mitarbeitenden sind resilienter, wenn sie überzeugt sind, dass sie – gemeinsam im Team – mit Veränderungen klarkommen werden. 

Mit welchen Führungsinstrumenten und/oder welchem Führungsstil lässt sich die Resilienz im Team stärken?

Eine Führungskraft sollte sich die Frage stellen: Ist mein Team für das, was sie tun müssen, resilient? Da gibt es oftmals Schwachpunkte – wie beispielsweise Spezialwissen, das nur bei einer Person liegt – die sich beheben lassen. 

Zudem sind die Kultur und das Team wichtige Ansatzpunkte, wenn es um die Resilienzförderung geht. So braucht es im Unternehmen eine Kultur, in der nicht alles sofort ein Drama ist und wo nicht alles in Stein gemeißelt ist. Denn dann empfindet jeder eine Abweichung in die Graubereiche sofort als eine Katastrophe, dann ist die Kultur nicht resilient. Es ist eine lernoffene Kultur gefragt, die eine gewisse Diversität zulässt. 

Zudem sollte es eine Teamkultur geben, in der sich das Team als gegenseitige Ressource für alle versteht. In solch einer Umgebung kann der Einzelne genug psychologische Sicherheit erleben. Das hat den positiven Effekt, dass eine Person ihre Belastung zugeben kann und weiß, dass sie, wenn sie an ihre Grenzen kommt, von den anderen aufgefangen und unterstützt wird – und wenn es demjenigen wieder besser geht, ist er umgekehrt für die Kolleg:innen da. 

Blickt man auf den Führungsstil, lässt sich festhalten: Mikromanager bilden kein resilientes Team. Vielmehr muss ich mich als Führungskraft trauen, Mitarbeitende auch mal ein bisschen ins kalte Wasser zu schubsen. Zwar nicht so viel, dass sie eine Blessur und Misserfolg davontragen. Aber durchaus so viel, dass sie merken: Diese Aufgabe habe ich mir am Anfang gar nicht zugetraut und habe es doch hingekriegt. Durch so eine Erfahrung – jenseits von Overprotecting – glaubt ein Mensch ganz anders an sich. 

„Wenn eine Führungskraft auf organisationaler Ebene Resilienz aufbauen will, dann sollte sie mit den Strukturen anfangen. Schlechte resiliente Strukturen können nicht durch resiliente Menschen kompensiert werden.“

Was bedeutet organisationale Resilienz und woran erkennt man eine resiliente Organisation?

Auf der Organisationsebene gilt der Begriff der Resilienz nicht nur für Menschen, sondern auch für Strukturen. Ein banales Beispiel hierfür ist ein zweiter Server-Back-up, mit dem IT-Strukturen resilienter werden. Man erkennt resiliente Organisationen daran, dass sie Strukturen haben, die externe Schocks abfedern können. Weitere Merkmale einer Organisation habe ich bereits angesprochen: eine veränderungs- und lernoffene Kultur, in der es eine psychologische Sicherheit für den Einzelnen gibt und sich Teams wechselseitig Ressourcen bereitstellen. Angsterfüllte Kulturen, wo jeder versucht keine Fehler zu machen, sind hingegen nicht resilient. Bei Fehlern werden Schuldige gesucht und niemand lernt etwas, sondern wird verurteilt. Das führt dazu, dass keiner Überforderung zugibt, angsterfüllt vor sich hinarbeitet – und am Ende zeigt sich das an Ergebnissen, die nicht gut sind. Vielmehr braucht es einen offenen Umgang mit Belastungsfaktoren, denn nur so können Organisationen Unterstützungsbedarf erkennen und darauf reagieren. Das ist eine antagonistische Challenge für jedes Unternehmen: Natürlich will man niemanden in Überforderungsspiralen bringen, aber man darf die Leute auch nicht in eine übervorsichtige Haltung bringen – es braucht den gesunden Mittelweg. 

Wie lässt sich durch Führung eine resiliente Organisation fördern?

Wenn eine Führungskraft auf organisationaler Ebene Resilienz aufbauen will, dann sollte sie mit den Strukturen anfangen. Denn wenn ich schlechte resiliente Strukturen habe, die nicht in der Lage sind, externe Schocks abzufedern, dann kann ich dies nicht mit resilienten Menschen überkompensieren. Umgekehrt helfen resiliente Strukturen dabei, dass die persönliche Resilienz von Menschen etwas weniger gefordert wird. Zudem sollte das Management nicht zu sehr in operative Mikroebenen eingebunden sein. Wenn Führungskräfte sehr stark in kleinteilige Aufgaben und Entscheidungen integriert sind, dann können sie ihre Management-Attention nicht auf beispielsweise einen erforderlichen Change oder strategische Aufgaben legen. Solche Organisationen, in denen Vorgesetzte Micromanager und sehr kontrollorientiert sind, sind nicht resilient. 

Welche Vorteile bringt eine resiliente Organisation mit sich? 

Resiliente Organisationen können externe Schocks besser abfedern und sind damit im Wettbewerb denjenigen überlegen, die sich notwendigerweise bei solchen äußeren Einflüssen stärker mit sich selbst beschäftigen müssen. Resiliente Organisationen können sich besser auf Veränderungen – und das ist oftmals ein Synonym für Krisen – einstellen. Hier zahlt sich Lernbereitschaft aus. Solche Unternehmen machen sich schneller für veränderte Anforderungen fit, die sich aus einer Belastung ergeben. Die Corona-Pandemie ist hierfür ein gutes Beispiel: Plötzlich waren Führungskräfte gefragt, die ihr Team remote führen konnten. Es gab einige, die sich schnell auf diese Situation einstellen konnten. Anderen hingegen ist es sehr schwergefallen, ihren Mitarbeitenden plötzlich so viel Vertrauen zu schenken und ihnen gelang es kaum, ihr Kontrollbedürfnis im Griff zu behalten. Solch ein Führungsverhalten war mit Blick auf die Corona-Krise nicht resilient. 

Sicherheit in einer volatilen Welt

Nadja Forster gehört zu den Vordenkern im Themenfeld „Arbeitswelten“ und unterstützt Unternehmen und Menschen dabei, eine wertvolle Beziehung zu etablieren. Hier schreibt sie darüber, wie Du wirklich Sicherheit im Job bekommst – nämlich dort, wo Sicherheit entsteht.

Das Gefühl der Sicherheit verbinden wir oft mit äußeren Gegebenheiten, wie einem unbefristeten Job, einem schönen Zuhause, diversifizierten Finanzmitteln, einem stabilen Freundeskreis, einer Umgebung mit wenig Kriminalität und einem geregelten und funktionierenden Alltag. Mit diesen Sicherheitsversprechungen sind viele Eltern aufgewachsen und geben sie gerne an ihre Kinder weiter.

Doch seit gut 2007 erleben wir immer wieder andere Realitäten. Vor allem alle nach 2000 Geborenen wachsen mehr und mehr in unsicheren Zeiten auf. Die Medien berichten kontinuierlich von ständigen Krisenherden: Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Gesundheitskrise, steigende Kriminalität u.v.m. Mittlerweile zeichnet sich medial immer mehr eine Wirtschaftskrise ab, von den politischen Veränderungen ganz abgesehen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich insbesondere Generation Z und Alpha nach Sicherheit und Tradition sehnen.

Doch zunehmend zeichnet sich ab, dass diese Welt immer unsicherer wird. Was von außen kommt, trägt nicht mehr das Sicherheitsversprechen von einst in sich.

Doch worin finden wir tatsächlich und künftig unsere Sicherheit?

Stellen wir uns einen schönen großen Baum vor: Seine Stabilität liegt nicht in den großen Ästen, Zweigen und Blättern, sondern vielmehr in seinem Wurzelwerk, das weit in den Boden reicht. Egal, welcher Sturm oder welche starken Regenfälle herrschen, er bleibt standhaft und ist mit dem Boden verwurzelt. Gleichzeitig bezieht er über seine Wurzeln die lebenserhaltenden Nährstoffe.

Übertragen wir das Bild des Baumes auf uns Menschen, so steckt auch unsere Stabilität und Sicherheit vor allem in unseren Wurzeln: unseren Werten, Fähigkeiten, Potenzialen sowie Antreibern und Motivationen.

Unsere Antreiber und Motivation

Unsere Antreiber und Motivationen lassen uns immer wieder aufstehen, egal in welcher Situation wir uns gerade befinden. Sie zeigen, was uns wichtig ist und geben uns Kraft und Stärke, um immer wieder in unsere eigene Handlungsmacht zu kommen.

Unsere Fähigkeiten sind unser Kapital

In jedem von uns stecken viele Fähigkeiten. Einige sind uns bewusst, weil wir sie jeden Tag aktiv einsetzen. Manche sind für uns so selbstverständlich, dass wir gar nicht merken, dass es unsere Fähigkeiten sind. Wieder andere schlummern in uns als Potenziale und wollen zum passenden Zeitpunkt entdeckt und gelebt werden.

Die Fähigkeiten sind immer da, lassen sich erweitern und wir können selbst auswählen, welche Fähigkeiten wir für uns tatsächlich nutzen möchten. Werden wir durch äußere Einwirkungen in manchen Fähigkeiten eingeschränkt, entwickeln sich neue, angepasst an die jeweilige Situation. Unsere Fähigkeiten bleiben uns immer erhalten. Sie sind fest mit uns verknüpft. Äußere Umstände beeinflussen diese Fähigkeiten nicht.

Unsere Werte

Unsere Werte zeigen unseren innerer Kompass, was wirklich wichtig ist.
Unser Wurzelwerk hilft uns zu wachsen und zu gedeihen, ganz unabhängig von der Wetterlage.

Das eigene Feld der Möglichkeiten kultivieren

Anders als der Baum sind wir trotz unserer Wurzeln beweglich und können bei Bedarf unseren Standort wechseln – ob physisch oder auch gedanklich. So fragte mich vor einigen Wochen ein Student in einem Seminar, wie er sich auf seinen künftigen Traumjob fokussieren solle, wenn die gesamte Branche gerade sehr angespannt ist und einem Wandel unterliegt, bei dem viele Jobs wegfallen werden.

Er kam aus der Automobilindustrie und dort lag sein späterer Jobfokus. Ich fragte ihn, ob er denn seine Fähigkeiten nur in diesem Bereich anwenden könne. Was wir oft vergessen ist, dass wir unsere Fähigkeiten unabhängig vom Bereich haben. Bleiben wir im Feld der Möglichkeiten, geht es für die Person nicht darum, sich nur auf den einen Jobbereich in der Automobilbranche zu fokussieren, sondern viel mehr die Frage zu stellen: In welchen Bereichen kann ich all meine Fähigkeiten noch einbringen?

Genauere Recherchen zeigen viel mehr Möglichkeiten auf, um für die eigene Sicherheit zu sorgen, als wenn wir nur darauf schauen, in welchem Feld wir gerade unterwegs sind und wie sich der Arbeitsmarkt in diesem Bereich entwickelt. Der Fokus auf die eigenen Fähigkeiten sowie die Erweiterung des Blickwinkels bringen neue Wege zum Vorschein.

Fünf Wege das eigene Sicherheitsgefühl zu stärken:

  1. Sich selbst ganzheitlich kennenlernen: Dazu zählen sowohl die gesamten Fähigkeiten und Potenziale unabhängig von der Ausbildung und bisherigen Arbeitserfahrung als auch die Kenntnis über eigene Motivationen und Werte.
  2. Die eigenen Fallstricke kennen und auszumisten: Handlungs- und Glaubensmuster, die mit uns selbst nichts (mehr) zu tun haben und uns im Weg stehen.
  3. In die eigene Intuitionsfähigkeit investieren: Diese Fähigkeit besitzen wir alle. Sie ist neben unserem Verstand unsere größte Weisheit, die wir viel zu wenig nutzen. Unsere Intuition kommuniziert täglich mit uns, beispielsweise über plötzliche Ideen und Impulse.
  4. Das eigene Vertrauen üben: Sich selbst zu vertrauen, ist einer der größten Sicherheitsaspekte. Vertrauen wir in uns selbst sowie in unsere Fähigkeiten, schaffen wir es Berge zu versetzen.
  5. Die eigene Veränderungsfähigkeit erleben: In jedem von uns steckt die Fähigkeit, uns selbst als auch unsere Situation jederzeit verändern zu können. Das gibt ein sicheres Grundgefühl in einer Welt mit zunehmender äußerer Unsicherheit.

Fazit

Weder Fähigkeiten, noch Werte und Intuition „kommen von außen“. Sie sind in uns. Daraus folgt: Der wichtigste und sicherste Ankerpunkt bist du selbst. Für dein inneres Sicherheitsgefühl kannst du jederzeit sorgen und bist gleichzeitig auch selbst dafür verantwortlich. Im Gegensatz dazu können sich die äußeren Sicherheiten jederzeit verändern – was du selbst nicht immer direkt in der Hand hast.

Über unsere Autorin

Nadja Forster gestaltet innovative Wege und transformative Ansätze für die Arbeitswelt, die den evolutionären Wandel in Richtung Selbstbestimmung und wertebasierte Arbeitskulturen fördern. Als Initiatorin von career adventuring, der Match Community und dem zyklischen Arbeiten bietet sie aktuelle Perspektiven und unterstützt Menschen sowie Unternehmen dabei, ihre eigenen, passenden Wege zu gehen und sich zielgerichtet in unsicheren Zeiten weiterzuentwickeln.

Lies hier weiter:
https://nadjaforster.com/
https://career-adventuring.online/
https://potenzialmatching.com/match-community-matchee/
https://evolution-of-work.com/

Chance Mittelstand

Nachhaltigkeit und Digitalisierung wachsen zusammen

Wenn es nach Herrn Prof. Dr. Gunther Olesch geht, stehen wir erst am Beginn eines Zeitalters, in dem Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenwachsen und sich gegenseitig beschleunigen. Wenn Generation Y und Z davon in ihrer Karriere partizipieren wollen, sollten sie sich Softskills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz besonders zu Herzen nehmen. Gerade letztere verlangt eine gewisse Resilienz.

Herr Prof. Dr. Olesch, tatsächlich stehen wir am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die Transformation wird vermutlich sogar noch an Tempo zulegen, wenn KI in der Produktentwicklung an Fahrt aufnimmt. Wie sind Ihre Gedanken dazu?
Ja, wir stehen definitiv am Beginn des Zeitalters der Nachhaltigkeit in Verbindung mit der digitalen Transformation. Die beiden Trends gehen Hand in Hand und verstärken sich gegenseitig. Durch die Digitalisierung können Prozesse effizienter gestaltet, Ressourcen besser genutzt und Emissionen reduziert werden. Gleichzeitig ermöglicht die Vernetzung von Geräten und Maschinen eine bessere Überwachung und Steuerung von Produktionsabläufen, was wiederum zu einer nachhaltigeren Produktion führt.


Prof. Dr. Gunter Olesch hat in seiner Karriere Unternehmen im Wachstum von 2.000 auf 20.000 Mitarbeitenden begleitet. Er ruft dazu auf, mit mehr Mut auf die Zukunft zu blicken.

Die digitale Transformation wird vermutlich noch an Tempo zulegen, wenn künstliche Intelligenz in der Produktentwicklung verstärkt an Fahrt aufnimmt. KI kann dabei helfen, Produkte so zu gestalten, dass sie ressourcenschonender hergestellt werden können und gleichzeitig den Bedürfnissen der VerbraucherInnen entsprechen. Durch die Analyse großer Datenmengen kann KI auch dabei unterstützen, nachhaltige Lösungen zu identifizieren und umzusetzen.

Insgesamt bietet die Kombination aus Nachhaltigkeit und digitaler Transformation große Chancen für Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Es ist wichtig, dass Unternehmen diese Trends frühzeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um rechtzeitig von den Vorteilen dieser Entwicklung profitieren zu können.

Wenn man auf die aktuellen Weichenstellungen in den Unternehmen blickt: Ist das schon in der Breite der Unternehmen angekommen?
Um die Herausforderungen der Zukunft wie KI, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel erfolgreich zu meistern, müssen Unternehmen mehr strategisch vorgehen. Es ist sehr wichtig, in die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren, um ihre digitalen Kompetenzen zu stärken und sie auf die Veränderungen vorzubereiten. Schulungen und Trainings können dabei helfen, das Wissen und die Fähigkeiten der Belegschaft zu erweitern.

Des Weiteren sollten Unternehmen in innovative Technologien wie KI investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Digitalisierung kann dabei helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine immer größere Rolle in der Unternehmensführung. Unternehmen sollten darauf achten, umweltfreundliche Praktiken zu implementieren und nachhaltige Lösungen in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren. Dies kann nicht nur zur Schonung der Umwelt beitragen, sondern auch das Image des Unternehmens verbessern und neue Kunden gewinnen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollten Unternehmen attraktive Arbeitsbedingungen bieten und sich als Arbeitgebermarke positionieren. Flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten, Nachhaltigkeit und eine offene Unternehmenskultur können dazu beitragen, qualifizierte Mitarbeitende gerade der Generation Y und Z anzuziehen und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Was raten Sie insbesondere den jungen Menschen da draußen? Wie können sie sich „aufstellen“, um sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorzubereiten?
Junge Menschen sollten sich auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten, indem sie sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickeln. Dazu gehört zum einen eine solide Ausbildung oder ein Studium in einem zukunftsträchtigen Bereich wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Nachhaltigkeit. Aber auch Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Flexibilität und Problemlösungskompetenz sind entscheidend. Gerade die Generationen Y und Z sollten sich das zu Herzen nehmen.

Des Weiteren ist lebenslanges Lernen wichtig, um mit den ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt Schritt zu halten. Networking spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung auf die Arbeitswelt der Zukunft. Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu pflegen kann dabei helfen, berufliche Chancen zu nutzen und sich über aktuelle Entwicklungen in den Branchen auf dem Laufenden zu halten. Um unseren Wohlfahrtsstaat auch in Zukunft aufrecht zu halten, sollte der Gedanke, Leistung zu erbringen, betont in diesen Generationen stärker werden. Insgesamt ist es wichtig, dass junge Menschen proaktiv sind und Eigeninitiative zeigen. Sie sollten neugierig sein, sich Herausforderungen stellen und bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Nur so können sie sich optimal auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten und erfolgreich in ihr Berufsleben starten.

„Die Generation Z ist individuell und ambivalent zugleich“

Bereits im kommenden Jahr wird – global betrachtet – die Gen Z die größte Generation weltweit sein. Sie wird im Jahr 2025 mehr als 27 % der Arbeitskräfte ausmachen. Kein Unternehmen kann es sich leisten, dieses Potenzial zu ignorieren. Line Therese Hübner gehört der GenZ an – und ist Selbstständig. Sie berät Unternehmen, genau die richtigen Menschen aus dieser Generation für sich zu gewinnen. Also haben wir uns gedacht: Wer, wenn nicht Line, kann uns ein paar Fragen zur Generation Z beantworten.

Bei Generation Z gibt es so viele Stereotypen und Vorurteile… Stellen wir die Frage doch mal andersherum: Was zeichnet diese Generation aus Deiner Sicht aus?

Ich bin kein Fan davon, Generationen und dessen Individuen zu pauschalisieren. Die Generation Z ist so divers und individuell, wie jeder Mensch, der dieser Generation angehört. Natürlich gibt es Tendenzen, die in dieser Generation vertreten sind und womit sie sich von anderen Generationen unterscheidet. Auf einige davon kann ich gerne eingehen:

Meine Generation ist aufgewachsen als erster Digital Native. Social Media gehört zu unserer Kindheit genauso, wie es Schallplatten bei der Babyboomer Generation tun. Das hinterlässt seine Spuren: Eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit und das Vergleichen mit anderen Personen. Auf der anderen Seite führt es dazu, dass wir uns wie keine andere Generation vertraut mit technischen Geräten und Innovationen machen und diese in unser täglich Doing integrieren. Zudem zeigt uns Social Media, was im Leben anderer alles möglich ist. Das möchten wir in unserem Leben auch erreichen und haben daher einen hohen Ehrgeiz entwickelt. Keine andere Generation ist in jungen Jahren schon so an Inter- und Intrapreneurship interessiert. Dazu ist meine Generation mit unendlich vielen Möglichkeiten aufgewachsen. In extrem vielen Bereichen haben wir die totale Entscheidungsfreiheit: Sei es das Urlaubsziel oder die Berufswahl. Von über 21.438 in Deutschland angebotenen Studiengänge mussten wir uns für den entscheiden, der uns am meisten zusagt. Kein Wunder also, dass meine Generation Schwierigkeiten damit hat, sich zu entscheiden und zeitgleich extrem hohe Ansprüche an den Arbeitgeber stellt.

„Unternehmen denken, wenn sie eine Stellenanzeige definiert haben, wissen sie, wonach sie suchen. Doch das ist so, als würde man ein Haus bauen und das Fundament vernachlässigen“, sagt Line Therese Hübner.

Das führt auch dazu, dass uns Flexibilität und Freiheit extrem wichtig sind. Das macht sich nicht nur im Privaten bemerkbar, wo wir gerne vom Ausland aus studieren möchten oder uns bei Netflix von 2.400 Serien und fast 4.600 Filme den passenden aussuchen möchten. Auch im Berufsleben möchten wir autonom und flexibel arbeiten können. Außerdem bevorzugen wir flache Hierarchien und legen einen hohen Wert auf einen wertschätzenden Umgang. Wir möchten nicht nur arbeiten, um unser Geld zu verdienen. Wir möchten unsere Lebenszeit mit einem Purpose versehen. Aus diesem Grund ist vielen aus der Generation auch Nachhaltigkeit sehr wichtig.

Doch wie ich zu Beginn gesagt, das sind alles Tendenzen. Einige Angehörige der Gen Z werden sich hierin wiederfinden, andere weniger. Manche Babyboomer oder Millennials stehen ebenfalls für dieselben Werte ein. Die Generation Z lebt von Widersprüchen und einer Doppelmoral. Nachhaltigkeit ist uns wichtig, zeitgleich möchten wir nicht auf Billigflüge verzichten. Die Frage ist daher nicht, was die Generation auszeichnet. Vielmehr sollten sich Unternehmen die Frage stellen, welche Personen in ihre Teamkultur passen und was diese Personen auszeichnet. Unabhängig von dessen Generation.

Wie finden dann Unternehmen genau die Menschen, die sie suchen?

Das ist eine spannende Frage. Wie ich bei der vorherigen Frage schon ergeklärt habe, geht es nicht darum, möglichst attraktiv für die Gen Z zu wirken. Denn die Generation ist individuell und ambivalent zugleich. Die Frage, die sich Unternehmen daher stellen sollten, ist folgende: Wie zeichnet sich meine Unternehmenskultur aus? Wie soll sich meinesoll meine Unternehmenskultur in der Zukunft entwickeln? Welche Personen passen zu dieser Kultur, welche passen nicht?

Es geht also von innen heraus: Erst wenn Unternehmen ihre Talent-Persona geklärt haben, folgt Schritt zwei. Dabei gilt: Erst identifizieren, welche Merkmale der Arbeitgeberidentität attraktiv auf diese Personengruppe wirken und diese um weitere Aspekte zu schärfen und zu erweitern. Im letzten Schritt geht es darum, diese Aspekte sichtbar zu machen, um das Interesse der Zielgruppe für sich zu gewinnen und sich von anderen Arbeitgebern zu differenzieren.


Wir möchten nicht nur arbeiten, um unser Geld zu verdienen. Wir möchten unsere Lebenszeit mit einem Purpose versehen.

Line Therese Hübner

Wissen die Unternehmen aus Deiner Erfahrung heraus denn, was sie suchen?

Nein, überhaupt nicht. Doch sie denken, sie wissen es. Sie denken, wenn sie die Stellenanzeigen definiert haben, haben sie geklärt, wen sie denn suchen. Doch es geht weit über Stellenanzeigen hinaus, die – aber das nur am Rande bemerkt – meistens auch fehlerhaft formuliert und definiert wurden. Man kann sich das vorstellen, wie ein HausGrundgerüst, das falschfehlerhaft gebautaufgestellt wurde. Unternehmen möchten in den “Innenausbau” gehen und beispielsweise Benefits definieren, ohne dabei ein stabiles Fundament aufgebaut zu haben.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen hatte einst unbegrenzte Urlaubstage angeboten. Das hat für sehr viele Bewerbungen gesorgt. Der Benefit wurde daher als Erfolg abgestempelt. Ein Irrtum! Die Bewerbungen, die das Unternehmen damit generiert hat, haben überhaupt nicht zu der Unternehmenskultur gepasst. Das Unternehmen war ein junges Start-up und brauchte ein Team, das gerne die Extrameile geht – und ambitioniert und motiviert arbeitet. Im Prinzip hat das Unternehmen Intrapreneure gesucht. Das Benefit unbegrenzte Urlaubstage hat nun leider dazu geführt, dass sich viele junge Talente beworben haben, die sich gerne im Dauerurlaub befinden möchten.

Und genau das ist der Fehler, den viele Unternehmen begehen: HR-Maßnahmen und -Erfolge werden zu einseitig betrachtet.

Unternehmen müssen detailliert herausfinden, wer die Talent-Persona ist und sich ein umfassendes Bild von dieser Zielgruppe machen. Hierbei sollen nicht nur die beruflichen Fähigkeiten geklärt werden. Vielmehr soll sich ein detailliertes Bild von der Personengruppe gemacht werden und geklärt werden, welche Interessen und Hobbys diese Person auch im Privaten nachgeht. Darauf aufbauend können dann beispielsweise Benefits ausgewählt werden.

Welche Schritte sollte denn eine HR-Abteilung gehen, um geeignete Kandidaten der Gen Z anzuziehen?

Schritt eins: Arbeitgeberidentität definieren. Sowohl eine Ist-Analyse, als auch eine Soll-Definition. Hierzu gehört ebenfalls die Talent-Persona. Denn wie bereits erwähnt, es geht nicht darum, DIE Generation Z für sich zu gewinnen. Es geht darum, zur Kultur passende Kandidaten anzuziehen.

Schritt zwei: Sichtbarmachen der Arbeitgeberidentität. Sprich, wie kann das Unternehmen seine Arbeitgeberidentität kommunizieren und sichtbar machen.

Schritt drei: Candidate-Experience ausbauen. Es nützt einem Unternehmen nichts, allein davon zu erzählen, was die Werte sind und wie sich die Kultur definieren lässt. Um authentisch zu sein und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen langfristig zu halten, muss die Identität erlebbar gemacht werden.


About: Line Hübner

Line Hübner ist als selbstständige Recruiting- und HR-Beraterin tätig. Sie verschafft ihren Kunden Zugang zu jungen Fachkräften der Generation Z und bindet die Kandidaten ab dem Erstkontakt. Ihre Vision ist es, den Fachkräftemangel zu beseitigen, indem mehr Menschlichkeit in die Unternehmenswelt Einzug hält. Die Recruiting-Baustellen ihrer Kunden betrachtet sie ganzheitlich und beseitigt sie mit kreativen und innovativen Lösungen. 

Kontakt zu Line: https://www.line-huebner.com/ oder https://www.linkedin.com/in/line-huebner-recruiting-genz-expert/

VUCA

Ein absoluter Klassiker unter den New Work Begriffen ist VUCA. VUCA ist ein Akronym, das die wesentlichen Herausforderungen beschreibt, mit denen Organisationen und Führungskräfte in einer sich ständig verändernden Welt konfrontiert sind. Die Begriffe, die VUCA repräsentiert, sind: Volatilität (Volatility): Steht für die Schnelligkeit und das Ausmaß der Veränderungen in der Umgebung, die es schwer machen, zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. Unsicherheit (Uncertainty): Beschreibt die mangelnde Vorhersagbarkeit und das Fehlen klarer Informationen über zukünftige Ereignisse, was Entscheidungsprozesse erschwert. Komplexität (Complexity): Verweist auf die Vielfalt und Interdependenz von Faktoren, die eine Situation kompliziert machen und die Herausforderungen bei der Analyse und Bewältigung erhöhen. Ambiguität (Ambiguity): Beschreibt die Unklarheit und Mehrdeutigkeit von Informationen, die die Interpretation von Situationen erschwert und alternative Deutungen zulässt. Das VUCA-Konzept dient als Leitfaden für Führungskräfte, um sich auf die dynamischen und unsicheren Bedingungen einzustellen, indem sie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und innovative Lösungsansätze fördern. Die Auseinandersetzung mit VUCA ermöglicht Organisationen, effektiver auf Veränderungen zu reagieren und strategische Entscheidungen in komplexen Umgebungen zu treffen.


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„Weg von veralteten Denkmustern“

New Work gibt es nicht nur in großen Unternehmen, sagt Silke Masurat. Auch der Mittelstand und kleinere Unternehmen können mithalten. Entscheidenden Anteil daran hat aus ihrer Sicht ein sich veränderndes Mindset und die Aufgabe von alten Denkmustern. Lange vor vielen anderen Institutionen und auch Unternehmen hat sie für ihr TOP JOB-Siegel belastbare Kriterien entwickelt, wie ein Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber wird – weit über das Gehalt und Benefits hinaus.

Frau Masurat, was war die Intention aus der heraus Sie damals das TOP JOB-Siegel, weit vor der aktuellen New Work Welle, ins Leben gerufen haben?
Großkonzerne und Branchenplatzhirsche machen es den kleineren schwer. Viele Bewerbende richten sich auf ihrer Arbeitssuche nach großen Brands, die prestigeträchtig erscheinen. Dass dem oft gar nicht so ist, wird ihnen erst nach Antreten des Jobs klar. Dazu wollte ich mit meiner Arbeit eine Orientierung geben und gleichzeitig für den Mittelstand werben, der damals noch ein arg verstaubtes Image hatte.
Ich bin ein großer Fan des Mittelstands: Es gibt so wunderbare Arbeitgeber unter ihnen, die genau das verkörpern und leben, was mir wichtig ist und was mich abholt. Unternehmen in dieser Größenordnung sind oft viel flexibler und moderner ausgerichtet, als viele annehmen. Einiges können sich selbst Konzerne beim Mittelstand abschauen! Gleichzeitig sah ich schon vor der Jahrtausendwende den Fachkräftemangel insbesondere von IT-Spezialisten am Horizont. Um Unternehmen, die eine hervorragende Arbeit leisten, den Rücken zu stärken, rief ich TOP JOB und später das Zentrum für Arbeitgeberattraktivität zeag ins Leben.

Welche Mission verfolgen Sie damit?
Grundsätzlich möchten wir mit zeag die Arbeitswelt verbessern und so einen wesentlichen Teil zur nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Der Anteil von TOP JOB hierfür liegt darin, in möglichst vielen Unternehmen eine gesunde, leistungsstarke sowie werteorientierte Arbeitsplatzkultur zu schaffen und die Arbeitgeber zukunftsfit zu machen. Mit dem Siegel zeigen wir dann, welche Arbeitgeber hinter der Idee stehen.
Teilweise bedeutet das natürlich auch Transformation: weg von veralteten Denkmustern, und hin zu New Work, offenen Ohren für Bedürfnisse von Mitarbeitenden sowie mehr Innovationskraft und Erfolg. Denn tatsächlich hängt all dies zusammen.
Viele Unternehmen wollen zu einem herausragenden Arbeitgeber werden, benötigen allerdings Unterstützung bei Planung und Umsetzung. Mit TOP JOB ermitteln wir zuerst den Status quo. Wir beleuchten wichtige Bereiche wie die Entwicklungschancen, die Vertrauenskultur, die Unterstützungskultur, die Qualität der Führung, das Diversitätsklima, die allgemeine Zufriedenheit, die ökologische Verantwortung und vieles mehr.


Den Ausgangspunkt für das Siegel stellt immer eine ausführliche Mitarbeiter-Befragung dar. Silke Masurat hat dafür gemeinsam mit der Universität Sankt Gallen einen wissenschaftlich fundierten Fragenkatalog erarbeitet.

Wie verbessert ein solches Vorgehen die Unternehmen?
Unternehmen müssen zuerst einmal wissen, woran es hapert, bevor sie sich bessern können. Eine Mitarbeiterbefragung durch alle Unternehmensschichten, vom C-Level bis zum Freelancer, gibt Einblick in die Firma und ihre Fallstricke. Diese schwächen die Company von innen heraus. Deshalb sollten Unternehmen auch keine Angst vor schlechten Ergebnissen haben – sie dienen lediglich als Ansatzpunkt, um eine verbesserte Version des Unternehmens zu schaffen. Am Ende soll die Arbeitsplatzkultur gestärkt oder auch modernisiert werden und selbstverständlich das Unternehmen selbst von seinen Bemühungen, Spitzenarbeitgeber zu sein, profitieren.
Neben Auswertungen für teilnehmende Firmen geben wir jährliche Studien zur Arbeitsplatzkultur heraus. So befähigen wir auch Unternehmen außerhalb des TOP JOB-Universums. Die Studien zeigen eindeutig, dass attraktive Arbeitgeber nicht nur wesentlich schneller und nachhaltiger an qualifizierte Arbeitsuchende gelangen, sondern durch motiviertere Mitarbeitende und effizientere Arbeitsweisen einen wirtschaftlich größeren Erfolg verbuchen.

Was sind Ihre Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist die regelrechte Siegelschwemme, mit der wir es seit einigen Jahren zu tun haben. Mittlerweile bräuchten wir ein Siegel für Arbeitgebersiegel. Viele der Anbieter nehmen keine oder kaum eine Unternehmensanalyse vor. Das macht ihre Produkte zu nichts weiter als eine Plakette ohne Inhalt – auch für die Bewerbenden. Somit ist das Produkt Arbeitgebersiegel, als ein für alle sehr hilfreicher Wegweiser, entwertet.
Wenn nun jede Firma mit einem anderen Siegel wirbt: Wie sollen Arbeitsuchende dann zwischen tatsächlich guten Arbeitgebern und denen, die es vorgeben zu sein, unterscheiden? TOP JOB ist dagegen ein ganzheitliches Programm. Unser tägliches To-do ist, CEOs und Führungspersonen die Vorteile eines wirklichen Wandels für alle Beteiligten zu verdeutlichen.

Welche Rolle spielt die Kooperation mit der Uni St. Gallen in diesem Kontext?
Gemeinsam mit der Universität haben wir die Analyse für TOP JOB entwickelt – das heißt die Mitarbeitendenbefragung und die Analyse der HR-Arbeit. So arbeiten wir wissenschaftlich fundiert. Prof. Dr. Heike Bruch zeichnet mit ihrem Team zudem verantwortlich für die Auswertung der Daten. Die institutionelle Trennung von Auswertung und Organisation garantiert eine unabhängige und transparente Vergabe des Siegels. Zudem erarbeiten wir gemeinsam unsere jährlichen Studien, die jedes Jahr aufs Neue spannende Ergebnisse in Bezug auf aktuelle Trends und Ereignisse zeigen.

Über die Jahre betrachtet: Wie hat sich die Arbeitswelt aus Ihrer Sicht verändert und was hat Ihr Siegel bei Ihren Mandanten dazu beigetragen?
Dass ein Fachkräftemangel auf uns zukommt, kündigte sich schon zum Millennium an. Viel zu wenige Firmen waren aber darauf vorbereitet und wogen sich in der Sicherheit, die Oberhand im Einstellungsprozess zu haben und zu halten. Dass sich mit zunehmendem Mangel an gut ausgebildeten Bewerbenden die Macht verschiebt, war ihnen nicht bewusst. Vor ein paar Jahren erreichten wir den Breaking Point und nun können Jobsuchende mit Qualifikation zwischen vielen Stellen wählen. Jetzt müssen sich die Unternehmen strecken und um Bewerbende buhlen.
Diese Entwicklung ist für uns natürlich äußerst wichtig. Durch die Kooperation mit der Uni und unsere ständigen Aktualisierungen der Unternehmensbewertung bringen wir immer aktuelle Trends und zukünftigen Herausforderungen in die Analyse ein. Beispielsweise integrierten wir New Work schon weit vor der Pandemie in den Entwicklungsteil. So machen wir die Arbeitgeber zu Arbeitgebern der Zukunft und damit zu empfehlenswerten Partnern auf dem Berufsweg.


Silke Masurat, TOP JOB-Schirmherr Sigmar Gabriel und Moderatorin Corinna Wohlfeil (v.l.n.r.) auf der Gala zur Preisverleihung.

Who is: Silke Masurat

Silke Masurat ist Gründerin und Geschäftsführerin der zeag GmbH, dem Zentrum für Arbeitgeberattraktivität, mit Sitz in Konstanz. Dort fördert sie im Rahmen des TOP JOB-Programms die Arbeitsplatzkultur und Nachhaltigkeit von Unternehmen inklusive regelmäßig erscheinender Studien zur deutschen Arbeitskultur. Masurats Leidenschaft für den Mittelstand zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben: Eine langjährige Tätigkeit als PR-Managerin und Prokuristin mündet in der Funktion der geschäftsführenden Gesellschafterin für die compamedia GmbH. Ihr Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften absolviert Silke Masurat an der Universität Konstanz. Daran knüpft sie eine Weiterbildung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit an. 

Silke Masurat auf LinkedIn
Mehr zur zeag GmbH unter: www.topjob.de