„Mit KI starten und nicht nur darüber reden“
Künstliche Intelligenz ist das Thema bei den Unternehmen. Gleichzeitig nehmen Experten wie Deborah von Scheliha, Director Head of Marketing Central Europe (CE) bei Red hat, eine starke Diskrepanz wahr: Viele Unternehmen sind nach wie vor im Proof of Concept. Dabei gibt es kaum einen Trend mit größeren Auswirkungen auf die Arbeitswelt als künstliche Intelligenz.
Das Red Hat Summit Connect stand ganz unter dem Zeichen von KI – mit sehr beeindruckenden Beispielen. Wenn du dir, sagen wir, den Beruf des Marketingverantwortlichen eines Unternehmens in zwei bis drei Jahren vorstellst, wie könnte so ein Tag KI-gestützt aussehen?
Die Entwicklung rund um KI ist extrem dynamisch, derzeit kommen fast alle sechs Monate Neuerungen auf den Markt. Folglich ist es extrem schwierig, heute eine Prognose für zwei oder sogar drei Jahre abzugeben. Was in den letzten zwei Jahren im KI-Bereich passiert ist, hat aber fundamentale Verbesserungen gebracht. Auch im Marketing gibt es nun völlig neue Möglichkeiten, die aber in vielen Unternehmen noch nicht genutzt werden.
Schaut man in die Zukunft, werden wir eine stärkere Verknüpfung von Field Marketing, CRM und Marketing Automation sehen. Mit KI-gestützten Tools und KI-Agenten wird dabei das Management von Kundenbeziehungen deutlich effizienter. Das bedeutet, das Thema Personalisierung von Inhalten wird zukünftig noch spezifischer auf den einzelnen Kunden oder Interessenten abgestimmt sein können, da es mithilfe von KI möglich ist, das Verhalten besser zu analysieren und die nächsten Schritte besser zu prognostizieren und zu operationalisieren. Die KI-Agenten werden zum Beispiel eine bessere und automatische Aggregation des Footprints von Kunden mit Infos aus weiteren Unternehmenssystemen ermöglichen. Der Agent ermittelt beispielsweise, welche Inhalte ein Kunde konsumiert hat. Auf dieser Basis empfiehlt der KI-Agent in Zukunft nicht nur das nächste Asset, sondern ist sogar in der Lage, ein entsprechendes Asset auf das individuelle Kundenbedürfnis zu generieren beziehungsweise anzupassen – zum Beispiel auf eine bestimmte Industrie.

Ganz allgemein wird die KI den Marketeer in den nächsten Jahren von generischen, operativen Tätigkeiten entlasten. Die Marketingverantwortlichen werden so besser am spezifischen Bedarf des Kunden arbeiten und auch verstärkt strategische Aufgaben übernehmen können sowie in der Lage sein, datengetriebene Entscheidungen zu treffen.
Wenn ich jetzt meine Fantasie spielen lassen soll, wie so ein Tag in zwei Jahren aussehen könnte, dann würde ich sagen, dass ich morgens bei meinem ersten Kaffee eine KI-gestützte Morgen-Analyse anschaue, die die wichtigsten Trends, empfohlene Maßnahmen sowie Themen und Anomalien enthält, sodass ich auf dieser Basis meine Prioritäten für den Tag festlege. Später am Tag werden mein Team und ich auf Basis von Predictive Analytics und KI-gestützter Marktforschung unsere Kampagnenplanung für die nächsten Wochen und Monate optimieren und entwickeln.
Was davon lässt sich heute schon umsetzen?
KI wird im Marketing-Bereich schon länger genutzt wie das Beispiel Marketing Automation zeigt. Wird etwa ein Event mit einem bestimmten Kundenprofil geplant, kann KI auf Basis aller verfügbaren Daten bis hin zum Einladungsschreiben den relevanten Input liefern. Die Frage, die sich daher eher stellt, lautet: Wie groß ist die Bereitschaft der Unternehmen, das, was heute schon möglich ist, auch zu nutzen, indem es hierfür eine Strategie gibt, die bereits verfügbaren Tools sinnvoll zu kombinieren? Hier besteht vielfach noch Handlungsbedarf.
Wie beschreibst du eure Rolle bei diesen Trends?
Zu unseren Zielen gehört es, eine IT-Infrastruktur für eine offene, individualisierbare, sichere und unabhängige Nutzung von KI bereitzustellen. Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft von KI in Open Source liegt. Die Open-Source-Prinzipien sind auch die Voraussetzung für die Demokratisierung von KI und die Vermeidung einer Abhängigkeit von den großen KI-Playern. Darüber hinaus sehen wir auch einen Trend weg von großen hin zu kleinen fachspezifischen KI-Modellen, gewissermaßen „unternehmenseigene ChatGPTs“. Will ein Unternehmen einen Vendor-Lock-in vermeiden, mit KI-Innovationen Schritt halten und eigene Use Cases umsetzen, kommt Red Hat ins Spiel, und zwar mit einer flexiblen Plattform, die auf Open Source basiert.
Deiner Erfahrung nach: Wird Künstliche Intelligenz hoch genug gewichtet oder drohen Unternehmen in Deutschland, wiederholt den Anschluss zu verpassen?
Überspitzt könnte man sagen: Alle reden von KI, aber kaum jemand setzt sie ein. Viele Unternehmen befinden sich derzeit in der Proof-of-Concept-Phase, sind aber vom Produktivbetrieb noch weit entfernt. Zudem wird in Deutschland oft eher thematisiert, was schiefgehen kann, anstatt die Chancen zu sehen. In meinen Augen ist es ganz wichtig, mit KI zu starten und nicht nur darüber zu reden. Den Mitarbeitenden müssen die Möglichkeiten von KI für einen gewinnbringenden Einsatz aufgezeigt werden – auch unter Berücksichtigung der damit verbundenen Herausforderungen und potenziellen Gefahren. Ich ermuntere meine Kolleginnen und Kollegen, mit KI zu „spielen“, natürlich im Einklang mit den Unternehmensregeln. Aber da fängt das Problem häufig schon an – nämlich, dass viele Unternehmen von vornherein das „Spielen“ und „Vertrautmachen“ mit KI untersagen, aus Sorge, dass etwas schiefgehen könnte. Hier muss mehr Wissen statt Angst die Entscheidungsgrundlage für Unternehmen sein.
Auf jeden Fall darf der KI-Innovationsschub nicht verpasst werden, damit Unternehmen im Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten. KI ist nicht mehr wegzudenken. Ignorieren Unternehmen diese Entwicklung, kann es sein, dass die Mitarbeitenden auf eigene Faust KI nutzen und so eine sicherheitskritische Schatten-IT entsteht. Unternehmen müssen jetzt starten, in KI-Tools investieren und Mitarbeiter kontinuierlich trainieren. Aufgrund der dynamischen Entwicklung – auch im Marketing – kann hier beispielsweise jemand, der zwei Jahre aus dem Job weg ist, sehr schnell den Anschluss verlieren.
Die Veränderungen innerhalb der Arbeitswelt durch KI können uns massiv nach vorne bringen und einen Produktivitätsschub verleihen. Welche, nennen wir sie „Future Skills“, brauchen Unternehmen dafür und wie könnt ihr und eure Partner dabei helfen?
Die Hauptaufgabe für Unternehmen liegt darin, bei den Mitarbeitenden das Interesse für KI zu wecken und ein grundlegendes Know-how für die Funktionsweise von KI aufzubauen. Ein IT-Basiswissen ist dafür zwar erforderlich, aber Mitarbeiter müssen nicht zur Programmiererin oder zum Programmierer werden. Auch für den Marketeer heißt das also, dass er oder sie ein KI-Grundverständnis haben muss. In meinen Augen ist ein weiterer Punkt besonders wichtig: Das C-Level muss die Grundlage für die schnelle KI-Implementierung und die sichere, flexible Nutzung von KI-Anwendungen schaffen. Dabei sollten auch Themen wie KI und Leadership oder KI und Ethik angegangen werden. Schließlich bedeutet die KI-Integration immer eine fundamentale Veränderung. Zum einen wird eine neue Innovationskultur etabliert, die alle Mitarbeitenden und ihre Arbeitsprozesse betrifft. Zum anderen muss bei der Entwicklung und Anwendung von KI-Modellen immer auch die Einhaltung ethischer Grundprinzipien gewährleistet sein.
Eines ist klar: Künftig wird kein Weg an KI vorbeiführen und Unternehmen werden ihre Wettbewerbsfähigkeit nur behalten, wenn sie auf KI setzen. Mein Appell lautet deshalb: Unternehmen sollten schnell in die richtige Infrastruktur investieren und bezogen auf das Marketing den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern KI-gestützte Tools zur Verfügung stellen. Red Hat und seine Partner können Unternehmen hierbei unterstützen, indem sie eine agile, flexible IT-Architektur für die effiziente und risikolose Nutzung von KI bereitstellen.